Der Prösekarstab

Beim vulgo Prösekar, Bauer zu Reifnitz, befindet sich feit uralten Zeiten ein Pilgerstab, an welchen sich folgende Sage knüpft:

Vor hundert Jahren kamen drei Italiener zum Prösekarbauer, welcher sie in die unterirdischen Räume der Schloßruine führte, in der Absicht, mit ihnen und mit Hilfe des Satans alldort die großen Geldschätze zu heben. Nun erzählt man, daß die drei Welschen in den Mauergängen den Teufel beschworen, während Prösekar als Wächter am Eingänge aufgestellt wurde. Als der Heraufbeschworene erschien, half er den Schatz heben, aber unter der Bedingung, daß ihm die Seele eines Mitbeteiligten verschrieben werde. Sie versprachen ihm die Seele des Wächters. Die Welschen griffen mit vollen Händen nach den gezeigten Schätzen und machten sich damit aus dem Staube. Der betrogene und verpfändete Bauer mußte es nun noch obendrein mit dem Satan abmachen. Dieser kam in Gestalt einer Hirsegarbe zum Hause Prösekars, um sich sein Pfand zu holen. Vor dem Hause auf dem Düngerhaufen widersetzte sich dieser, und es entspann sich ein so heißer Kampf, daß Kehricht und Dünger hoch in die Luft flogen. Sein Weib sah dies, kam mit Weihwasser heraus, besprengte die Ringenden und rettete so ihren Mann. Dieser fühlte sich zu Hause nicht mehr sicher, er griff, nachdem er sich beim Pfarrer von Keutschach noch Rat geholt hatte, zum Pilgerstabe und pilgerte nach der Ewigen Stadt. Nach langer Zeit kehrte er zurück, doch litt es ihn nicht mehr zu Hause. Schon am nächsten Tage machte sich der Mann wieder auf den Weg, kam nach Maria-Ellenhof (wo sich dieser Ort befindet, konnte man nicht erfahren), wo gerade Kirchtag gefeiert wurde, kehrte jedoch von dieser Wallfahrt nie wieder zurück. Niemand wußte, wohin er gekommen. Sein Stab aber, mit welchem er nach Rom und zurück gepilgert, wird jetzt noch beim Prösekar aufbewahrt und gezeigt.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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