Die Kirche von Stocklitz

Im obersten Glantale steht auf einem Hügel das Dörflein Stocklitz mit einem kleinen Kirchlein. Dem Wanderer fällt sofort eine eiserne Kette auf, welche um das ganze Kirchlein gezogen ist. Betritt man das Innere, so sieht man an der Wand Fuß- und Handschellen hängen, womit man früher schwere Verbrecher gefesselt hat. Von diesen Ketten erzählt man sich folgende Sage:

Die Türken haben auf ihren Raubzügen in Österreich viel edle Ritter, Männer, Frauen und Kinder zu Gefangenen gemacht und sie in ihre Heimat gebracht. Das Los dieser Armen war wenig beneidenswert und viele trachteten, trotzdem sie stark gefesselt waren, durch Flucht zu entkommen. Einem Ritter gelang die Flucht, obgleich er an Händen und Füßen mit schweren Ketten gefesselt war. Mühsam war der Weg in die Heimat; kein Schmied war in den menschenleeren Gegenden zu finden, der ihn von den Banden befreit hätte. Da gelobte er, dort, wo er von den Eisenketten befreit werde, eine Kirche bauen zu lassen. Als er nach langer, mühsamer Wanderung nach Stocklitz kam, fielen ihm die Fesseln von selbst von Händen und Füßen. An dieser Stelle ließ er das heute noch stehende Kirchlein erbauen, in der die Ketten und Schellen als Andenken aufbewahrt werden.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
© digitaler Reprint: www.SAGEN.at