Vom „Wilden Gjoad“

An einem Abende saßen einige Bauernmägde im Holzgange des Hauses, und da zog gerade das „Wilde Gjoad“ um das Haus. Es klang, als ob bellende Hündchen um das Haus jagten und immerfort tönte es: „Gningg, gnaungg.“ Die lustigen Mägde lachten darob und ahmten die Stimmen nach, Nicht lange dauerte der Spaß. Auf einmal schrie es drunten: „Habts g'holf'n jåg’n, sollts a helf’n någ’n.“ Gleich darauf fiel etwas den Erschreckten zu Füßen, und da erkannten sie mit Grausen, daß es der Schenkel eines Manschen war. Sie wollten ihn wegwerfen, aber der grause Beuteanteil war nicht von der Stelle zu bringen. Alle Bemühungen waren fruchtlos. Da riet ihnen jemand, den Schenkel ein Jahr darauf, wenn das Gjoad wiederkomme, hinunterzuwerfen. Sie befolgten den Rat. Als nämlich ein Jahr darauf wieder die unheimlichen Stimmen ertönten, warfen sie eilig den Schenkel hinab und von unten herauf rief’s: „Wenn ihr das nicht getan hättet, so hätten wir euch zu Staub und Asche zerrissen.“ Erlöst atmeten die Mägde auf, aber dem „Gjoad“ nachzuspotten wagte keine mehr.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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