Die Elfenkönigin

Ein lustiger Jäger, der in Hartelsberg wohnte, liebte ein reiches und hübsches Bauernmädchen derselben Ortschaft und sollte es in Kürze ehelichen. Als er eines Tages die Wälder an dem Gehänge der Koralpe durchstreifte und gerade beim „Elfenbrunn", einer eiskalten, kristallhellen Quelle, anlangte und sich mit einem vollen Trunk labte, erschien ihm ein verlockend schönes Weib, welches leutselig mit ihm zu sprechen begann und ihm gar bald Herz und Sinn verrückte. Es trug am blendenden Leibe ein langes, seegrünes Kleid und im wallenden Haare einen Schilfkranz. Sie küßten und herzten sich und als er fortging, mußte er ihr versprechen, bald wiederzukommen und keinem Menschen das Geheimnis seiner neuen Bekanntschaft zu verraten.

Als er wieder nach Hause kam und von seiner Braut, in deren Augen ein ganzer Himmel von Liebesglück sich spiegelte, umarmt wurde, vergaß er des gegebenen Wortes und erzählte ihr sein Erlebnis mit der Elfenkönigin.

Eine geraume Zeit war seither verstrichen; längst dachte er nicht mehr des lieblichen Wasserweibes, der Tag der Hochzeit brach an, die Ringe wurden gewechselt und am Abende begann im Wirtshause der übliche Hochzeitstanz. Plötzlich erschien unter den Tanzenden ein wundersames Weib, mit einem weißen Kleide angetan, einem grünen Kranz in den blonden Locken und mit einem Schleier, so zart wie duftiger Nebel. Kaum erschaute der Jäger die holde Gestalt, so stürzte er auf sie zu und begann mit ihr den Reigen. In leidenschaftlichem Tanze sauste das Paar dahin, dann wirbelte es aus dem Saale und war alsbald den Augen der Hochzeitsgesellschaft entschwunden.

Von bleichem Schreck befallen, verfolgte die Braut mit den Hochzeitsgästen die Davontanzenden, doch umsonst, sie konnten nicht mehr eingeholt werden. Als man am Morgen nach dem Neuvermählten weiter forschte, fand man ihn tot neben dem „Elfenbrunn" liegen. Die Elfenkönigin - sie war an dem feuchten Saum ihres Kleides erkannt worden - hatte ihren Liebsten geholt.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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