's Wilde Gjoad und die Brentler

Einst gingen mehrere Burschen von St. llrban „brentln“. Als sie gerade in die Nähe des „Bugglwaldes“ gekommen waren, hörten sie schon ganz in ihrer Nähe das „Wilde Gjoad“. Schrecken und Bestürzung erfaßte die Unvorsichtigen, denn sie wußten, was ihrer harrte, wenn sie das „Wilde Gjoad“ erfaßte. Sie hatten gehört, daß man sich öfter durch etwas Absonderliches retten könne. Rasch legten sie sich auf dem Wege nieder, und zwar so, daß sie ein Rad bildeten. So lagen sie da, die Köpfe alle zusammengesteckt, während sie die Füße weit ausstreckten. Aber das gefürchtete „Gjoad“ war auch schon da und nun rief der Wilde Mann: „Bin schon so ålt, dåß der Buggelwald neinmål Wiesn und neinmål Wald, aber so a schiachs Viech hon i mei Löbtåg nit gseachn.“ Darauf verschwand das „Wilde Gjoad“ wie es gekommen.

Ein andermal verspätete sich ein Mann und er ging erst nach „Betleit’n“ nach Hause. Bald hörte er, wie das Wilde Gjoad heranbrauste. Er hatte gehört daß das Wilde Gjoad machtlos sei, wenn man rasch in die reckte Wågnloast“ (Wagenspur) liege. Rasch führte er den Gedanken aus und erwartete mit Bangen das Nahen der nächtlichen Spukgestalten. Gleich war es da und er hörte, wie eine Stimme rief: „Wårtets, i sig durtn a Stöckle, an dås muaß i mei Hackle einehaun.“ Schon spürte er einen „Brenner“ (stichartiger Schmerz) im Knie und mit Schrecken gewahrte er, daß im Knie eine sonderbare Hacke steckte. Alle Versuche, sie herauszubekommen, waren vergeblich. Aber er fühlte weder einen Schmerz noch irgend etwas anderes. Nur hinderte es ihn beim Gehen und er fragte deshalb den Pfarrer, was er tun sollte. Dieser riet ihm, das nächste Jahr um dieselbe Stunde wieder am gleichen Platze hinzuliegen. Mit schwerem Herzen befolgte er den weisen Rat, denn er glaubte, daß das Wilde Gjoad ihm noch Ärgeres antun könne. Schon lag er eine Weile am Wege, als es wieder daherkam. Und dieselbe Stimme forderte die andern auf, innezuhalten, da sie die Hacke, die sie voriges Jahr in den Stock gehauen habe, wieder mitnehmen wolle. Gleich darauf fühlte der glückliche Bauer, daß er von dem unbequemen Anhängsel erlöst war. Als er daheim nachsah, bemerkte er, daß die Hacke keine Narbe hinterlassen hatte.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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