Der fahrende Schüler

Man hat das noch in jener Zeit über die Ungarn erzählt. Nicht wahr, daß eine Frau, immer wenn sie Butter gestoßen hat, auch wenn sie noch soviel Rahm hatten, keine Butter gehabt hat.

Sie sagt einmal: "Ich weiß nicht, welcher Fehler dabei ist, daß keine Butter wird. Warum gibt es keine Butter? Ich hab' so wunderschönen Rahm, und trotzdem gibt es keine Butter."

Es kommt ein Wanderbursch herein, er sagt: "No, Mutter, stoßen Sie Butter?"

Sie sagt: "Ich stoße, es ist aber umsonst, weil doch keine Butter owird."

"No", sagt er, "warten Sie nur. Gehen Sie ein bisserl hinaus."

Also packt sich die Frau zusammen und geht hinaus. Und er läßt seine Hose hinunter und hockt sich über das Butterfaß. No, die Frau belauscht ihn durchs Schlüsselloch.

"Jesus, Maria, was tut er jetzt? Er macht in meine Butter hinein! In den Rahm!"

"No", sagt er, "Mutter, jetzt können Sie schon hereinkommen."

Sie geht hinein.

"No, jetzt stoßen Sie nur weiter", sagt er.

Sie stößt weiter. Sie hat bei sich gedacht: Mein Gott, was wird jetzt da sein, was wird jetzt da drinnen werden? Weil sie das gesehen hat.
No, dann, als sie fertig gestoßen hat, nimmt sie die [Butter] heraus, und es war ein schön großes Stück Butter da.

Bald daraufkam ihre Nachbarin gelaufen: "Jesus, Maria", sagt sie, "was sagst du dazu? Mein ganzes Butterfaß ist voll von Dreck geworden! Es ist Dreck aus meinem Rahm geworden, ich weiß aber nicht, wie."

Er hat, nicht wahr, das so gemacht, weil er davon irgend etwas verstanden hat.


Quelle: Angaben zu den abergläubischen Erzählungen aus dem südlichen Burgenland (Burgenländische Forschungen, H. 33), Karoly Gaal, Eisenstadt 1965. zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 20f.