4. [Das bucklige Manderl]

Mehr Aufschluß über das bucklichte [bucklige] Männchen gibt uns das dritte Lied. Eine ähnliche Überlieferung hat "des Knaben Wunderhorn 3 Bd. 1808, Anhang S. 54. wo ein Kinderlied beginnt: "Will ich in mein Gärtlein gehn." Überall, im Gärtlein, in der Küche, Stube etc. tritt das bucklichte Männlein hindernd oder neckend auf, wie auch Elbe den Menschen schaden und sie necken (Gr. M. 429); das Lied hat aber nicht die geringste mythische Beziehung. Diese bietet aber unser Lied in den beiden letzten Strofen [Strophen]. Ähnlicher ist eine andere Version in Tschischka's österr. Volksliedern (Pest 1844) S. 12, deren Abweichungen in den Anmerkungen zu unserm Liede angegeben sind.

1. Ei, ei, ei, sågt mein Wei,
Knöd'ln soll i kocha,
håb koan Schmålz, håb koan Salz,
's Häf'n is ma brocha.

2. Muaß i schnell zon Håfna geh'n,
muaß a Häfa kaufa,
steht des buckladi1) Manderl do,
steßt mi ibern Haufa.

3. Muaß i schnell in Kirri geh'n
muaß a G'setzel bet'n,
steht des buckladi Manderl do
mit dagoldnen Bet'n.2)

4. Muaß i schnell auf d'Wiesen geh'n
uma weng an Küm'l,4)
steht des buckladi Manderl do
auf oan weiß'n Schimmel.

5. Und wir i mi mål umschaun thua
woar des Manderl schon a großa Bua,
und is mit sein Schimmel
g'ritten bis am Himmel.4)

1) Bei Tschischka "bunkads" d. h. kurz und dick; bunkert heißt eine kleine dicke Person. 2) Die "Bet'n" heißt Rosenkranz. Bei Tschischka: "Trit m'r auf de Bet'n," und das scheint bezeichnender für den Necker. 3) Anderwärts gesprochen Kamüln (Kamillen). 4) Bei Tschischka ist der Schluß:

Wollt ih glai zum Richta geh'n,
wollt's Manderl g'schwind vaklag'n,
sich (sehe) kan bunkad's Manderl mea(r),
auf und davon woa(r)s g'flog'n.

In Heil. Kreuz [Heiligkreuz] und Trumau (Nied. Österr.) finde ich dasselbe Lied mit folgenden Abweichungen.
In Heil. Kreuz. hat es 6, in Trumau 5 Strofen [sic].

Heil. Kreuz:

2 .Str. wül mit mir raufa.
3. Str. zreißt mir bi Betn.
4. Str. Wir i wül zon Richta gehn,
und wül's vaklågn,
steht das buglad Manderl då,
wül mi daschlågn.
5. Str. Wir i wül in Wåld gehn,
wül mi vastecka,
steht das buglad Manderl då,
wül mi daschrecka.
6. Str. Wir i wül in Gårten gehn
um oan Sålåt,
steht das buglad Manderl då
und schlågt mi dod.

Trumau:

1. Str. Nockerl soll i kocha.
3. Str. Wir i wül in Gårtn gehn,
wül a Bleamel brocka,
steht das buglad Manderl då,
mit da goldan Docka.
4. Str. Wir i wül ins Wirtshaus gehn,
wül a Seitel dringa,
steht das buglad Manderl då
mit da goldan Schwinga.
5. Str. Wir i wül in Kiacha gehen
wül a Bsetzel betn,
steht das buglad Manderl då
trit m'r auf di Betn.

Der Schluß erinnert an den Ausspruch Abrahams a Sa. Clara (Wolf Beitr. 1, 203):

Wer nicht ist wie der Himmel,
den holt der Teufel auf'm Schimmel.

Daß hier der weit bekannte Schimmelreiter, der "bis am Himmel" reitet, niemand anders als Wuotan ist, dürfte keinem Zweifel unterliegen. "Hermes ist Odinn selbst, dem die Seelen gehören," sagt Grimm (Myth. 800). Im Norden hieß "zu Odinn fahren" nichts als sterben (Gr. M. 132). Wie ursprünglich die Valkyren [Walküren] reiten, wie sogar Elberich reitet (Gr. M. 434), so führt nach mittelalterlicher Vorstellung der Tod zu Pferde die Seelen hinweg (Gr. Myth. 803). Und als die Idee vom Todesgotte dann auf den Teufel übergieng, so war es dieser, der den Menschen nachstellte, und die Fantasie des Volkes mit seinen Schrecken erfüllte. Der Mensch hinwieder sucht den Tod wie den Teufel auf manche Art zu bekriegen und ihn sogar fest zu bannen.

Nach Rochholz (Aarg. Sag. 2, 190) ist Alahirzi, Holzhirzi, Holzmeier (Gr. Myth. 811) der Todesgott, der die Seelen in den Wald abholt. Dieser Waldgeist gehört in's Reich der Elben. Auch der bucklichte Todtenmann [bucklige Totenmann] hat manches elben- und zwerghafte. Die Beziehung dieser Gestalten zu Wuotan macht sowohl das reiten als auch die den Zwergen eigene Tarnkappe wahrscheinlich, und auch Grimm (Myth. 432) vermuthet, "die Zwerge können in einer besondern, jetzt verdunkelten, Beziehung zu Odinn gestanden haben." Diese "verdunkelte" Beziehung scheint durch die obige Untersuchung mehr Licht zu erhalten.

In jener Gegend Nied. Österreichs (Röhrawiesen etc.) treffen wir noch ein Liedchen an, in welchem der Dodamon den Schutzengeln gegenüber gestellt wird:

Kind'l thua schlåf'n,
zwoa Engl bei dir wåch'n;
da ersti, der di weist,
da zweiti, der di behi't bei Tåg und Nåcht,
daß dir da schiachi Dodamon nix måcht.

In einem andern steht er als Geiger da:

Eis Buima und Menscha gehts eina zo uns!
da schelweankat Dodamon thuat geigna bei uns.1)

(Ihr Buben und Mädchen geht herein zu uns,
der schiefe (mißgestalte) Dodamon thut [tut] geigen bei uns.)

1) Daher auch bei Seb, Frank 1541, S. 65: des tods faßnachtspil.


Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 72ff
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, März 2005.