13. [Der schwarze Wagen]

Zur Zeit als die Pest in Wien war, wohnten in einem Hause (nahe beim allgemeinen Krankenhause) drei Schwestern. Diese hörten das Gerücht, daß der Teufel in jeder Mitternacht mit den Toten des Krankenhauses nach dem Friedhof in Währing fahre. Begierig den Teufel einmal zu sehen, blieben sie auf und vernahmen um Mitternacht ein furchtbares Wagengerassel und unaufhörlichen Peitschenknall. Die jüngere Schwester steckte den Kopf zum Fenster hinaus und sah einen schwarzen Wagen, von 6 schwarzen Rossen gezogen. Ein schwarzer Kutscher saß auf dem Bocke und knallte heftig mit seiner langen Peitsche. Als sie nahe vorbeirollten, gab der Teufel dem Mädchen eine solche Ohrfeige, dass sie versteinert wurde. Den menschenähnlichen Stein hat man lange noch gesehen.

Die Idee vom abholenden Wagen lehnt sich auch der Sitte des Klopfen gehens an, z. B. in Komotau in Böhmen hört der, welcher drei mal angeklopft hat, von innen:

Klopf an, klopf an, mein lieber Held,
dein Klopfen mir gar wohl gefällt;
auf der Brücke steht ein goldner Wagen,
wird mich und dich in Himmel tragen1)

In einem Volksliede aus Röhrawiesen in Nied. Östr. heißt es:

D' Herrnleit sitzand in Garten,
dan auf Fischeln warten,
kummt da Kikasgogasmon2),
fahrt mit Ross und Wagn davon.

Sagen vom "schweren Wagen" hört man besonders in Wien und in ganz Nied. Österreich. Wir werden sie unten mittheilen[sic].

Unserm heidnischen Tode stehen unter den griechischen Gottheiten zunächst Hermes und Hades, Persephone sammt Sharon dem Fährmann (Gr. M. 814). Unsere Volkssagen lassen den Teufel bald auf schwarzem Rosse reiten, bald in stattlichem Wagen fahren, gleich Wuotan oder Donar (Gr. M. 958). Daß der Teufel auch an Donars Stelle getreten, vermuthet [vermutet] schon Grimm (Gr. M. 965).

1) Die beiden ersten Verse stimmen mit denen von Hans Folz übereil! S. 115 in Schade's Abhandlung (Weimar. Jahrbuch II).
2) Man stellt sich darunter einen schwarzen Mann (mit Hörnern) vor, den Teufel.


Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 85f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, März 2005.