5. [Die Hahnkrat]

Zahlreich sind die Sagen über die Hahnkrat, die alles dämonische verscheucht.1)

Auf dem Steinfeld bei St. Pölten verlangte der Teufel die hübsche Tochter des Müllers. Wenn du, sagte dieser, in einer Nacht bevor der Hahn kräht, das ganze Steinfeld umackerst, so ist sie dein. Noch war er nicht ganz fertig damit, so ahmte der Müller vom Schornsteine aus das krähen eines Hahnes nach. Aus Zorn zertrümmerte der Teufel die Mühle.

In Ralb (bei Retz in Nied. Österr,) weckte eine Frau den Hahn, indem sie in die Hände klatschte. Die Furchen, die der Teufel gemacht hatte, sind am s. g. Teufelsberg noch sichtbar.

In Komna (Mähren) ward dem Teufel die Bedingung gestellt, daß er, um ein Mädchen zu heiraten, das Flüßchen Komenska nach entgegengesetzter Richtung laufen mache. Man kaufte aber viele Hähne der Umgebung zusammen und sperrte sie am Flüßchen in einen großen Käfich. Während kleine Männer Steine herbeitrugen, um das Werk auszuführen, kräheten die Hähne und der Teufel mit seinen Gesellen ward vertrieben. Die "Teufelsschleuse" ist noch zu sehen.

Bei Rožnau warb der Teufel um eine Müllerstochter. Diese forderte aber, daß der Bewerber auf dem Radož eine Mühle über Nacht erbaue. Der Teufel erwürgte vorher alle Hähne der Umgebung, nur einer entgieng ihm. Alles war fertig, zwei Mühlsteine ausgenommen. Da krähete jener Hahn und die Macht des Teufels war zu Ende. Die Mühlsteine sind auf dem Berge noch vorhanden.

Von dem Teufelshügel bei Zlin erzählt man ähnliches.

Von der Teufelswand bei Langeck an der Donau erzählt man, daß der Teufel die Donau habe anschwellen wollen.

Und als er zu dem Zwecke die Mauer aufführte, krähete, ein weißer Hahn dreimal, und am andern Tage ein schwarzer Hahn. Der Teufel sagte, er höre nicht auf, bis ein rother [rot] Hahn krähe.2) Da erschien am dritten Tage ein rother Hahn auf der Spitze des Kirchturms von St. Johann, und krähete dreimal. Nun muste der Teufel aufhören. Voll Zorn schoß er nach dem Hahne, der noch am Turme zu sehen ist.

Von der Teufelsmauer bei Hohenfurt an der Moldau erzählt man: Der Teufel wollte das Wasser auf das Kloster hinleiten, und auf einem Teufelssteine sitzend, trieb er die Arbeiter an. Das krähen eines weißen Hahnes machte keine Unterbrechung. Da krähete ein rother Hahn und der Teufel sagte: Rother Hahn, toter Hahn! und hieß sie eilen. Endlich krähete ein schwarzer; da sagte er: schwarzer Hahn, Himmelshahn! und alle liefen davon.

1) Vergl. darüber Gr. Myth, 978. P. Cassel, eddische Studien (Weimar 1856) 1, 47 ff.; in der Edda fiölsvinnsmál, Cassel S. 146 , etwas abweichend von Simrock's Edda 2. Aufl. S. 90. S. 8.

2) Nach der Wöluspa 34 ff. singt ein hochrother Hahn (fialar) im Vogelwalde und ein schwarzrother in den Sälen Hels.

Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 369f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, Juli 2005.