49. [Die Didken]

Als Hausgeister der slawischen Mythologie (vergl. Hanusch, slaw. Mythus 350) sind bekannt die Didken in Galizien (bei den Boiken, Huzulen und Goralen). 1) „Die kleinen Elementargeister nennt der Boike Didky, verwandt dem slowakischen und russischen Dédusko dem böhmischen Diblik, Diablik, Teufelchen. Sie scheiden sich in zwei Klassen, jene welche mit den Menschen verkehren, und die wilden. Erste gehen mit den Hauswirten Verträge ein, und erhalten für ihre Dienste alle Fetzen zur Bekleidung, einen leeren Winkel als Bettstätte und Speisen, die jedoch ungesalzen sein müssen. Ihr gewöhnliches Plätzchen ist der Ofen und ihre Thätigkeit bezieht sich auf die Hauswirtschaft. Erfüllt der Hauswirt sein Versprechen, so nehmen sie sich sorgsam seiner Habe an, weiden und hüten das Vieh, bewachen die Felder und wenn er Bienenzüchter, Fischer und Jäger ist. so sammeln sie Bienenschwärme, fangen die Fische und jagen das Wild. Nach dem Tode des Hauswirtes dienen die Didky seinen Erben Anfangs ohne Vertrag, wenn dieser aber ihre Dienste nicht anerkennt und annimmt, so machen sie Nachts in seinem Hause so lange einen unerträglichen Lärm, bis er seine Wohnung auf eine andere Stelle überträgt. Darauf verläßt der Ditko seinen einstürzenden Ofen und siedelt in Sümpfe über.

Die in solchem Zustande verwilderten Didky sind äußerst bösartig, bieten sich aber noch immer den Leuten gerne zum Dienste an. Wer einen Didko in Dienst zu nehmen wünscht, muß vor allem am Vorabend des heil. Georg neun ungesalzene Brotlaibe backen und hierauf sich vor Mitternacht auf einen Kreuzweg begeben und durch gewisse Formeln die Didky; zum Genusse einladen. Auf dieß tritt ihr Ältester hervor und fragt, zu welchen Diensten er einen Diener brauche. Auf die Antwort, daß er ihn zu diesem und jenem Dienste benöthige, tritt ein dienstbereiter Didko vor und läßt sich dingen. So leicht der Hauswirt einen Didko sich verschafft hat, ebenso leicht kann er sich seiner entledigen. Dieß geschieht sehr häufig, vorzüglich deshalb, weil in solcher Gesellschaft zu sterben für eine große Sünde gehalten wird. Am leichtesten entledigt man sich des Didko durch Verkauf. Der Besitzer kann ihn in einem Span, Fläschchen und sonst in einem andern Gegenstand einem Nachbar um beliebiges Geld abtreten. Überdieß kann er ihn in irgend einem Gegenstand auf eine öffentlich zugängliche Stelle hinauswerfen oder endlich beim sterben seinem Erben hinterlassen, wenn ihn dieser gerne annimmt. Man kann einen Didkyo überdieß aus einem unreifen Ei aufziehen, das man unter die Schwelle des Vorhofes vergräbt und aus welchem nach neun Jahren ein Didko ausgebrütet wird. Die eigentliche Gestalt des Didko ist die eines Stutzers, mit Frack, engen Beinkleidern und hohem Hute, doch nehmen sie auch die Gestalt von Katzen, Hunden, Mäusen etc. an und zeichnen sich stets durch grün glänzende Augen aus. Die Didky leben so lange, bis der Blitz oder die schnelle Handbewegung eines Mannes von rechts nach links sie tötet, und haben demnach beschränktes Leben. Die wilden Didky leben unter sich in einer gewissen Verbindung, sie feiern Hochzeiten und Geburten lustig und lärmend; um diese Zeit beleuchten sie ihre Sumpfpaläste glänzend, Tanz und fröhliche Musik bewegt die ganze zahlreiche Versammlung. Einst kam es vor, daß auch die Menschen zu ihren Festlichkeiten als Musiker geladen wurden, aber Speise und Geld, das man ihnen als Entgelt gegeben, verwandelte sich häufig in Kehricht und Scherben. Auch jetzt noch hört man hie und da von den nächtlichen Arbeiten der Kobolde erzählen, welche diese mit großem Lärm verrichten, und mancher Boike und Huzule kauft sich noch heute einen Didko als Schutzgeist des Hauses, Die meisten Erinnerungen aber erhalten sich bloß in der Volkssage. Verwandt mit den Didky sind die Jazie, welche immer als feindselige, bösartige Wesen auftreten. Sie sollen in unzugänglichen Waldgegenden wohnen, wo sie Haus und Hof haben. Umgeben von einem Kreise schöner den Menschen gestolener Mädchen locken sie die Jünglinge zu sich, erschlagen sie hierauf, und pflanzen ihre Köpfe auf die Pfähle ihres Hofes, Ihre Nahrung besteht aus Menschenfleisch, namentlich lieben sie das Fleisch kleiner Kinder, ihr Getränk ist warmes Blut. Selten ereignet es sich, daß sie irgend ein Held im Kampfe, noch seltner durch List überwindet, indem sie mit Gewalt auch Zauber verbinden. In der jetzigen Zeit leben derlei Ungethüme, welche sich leicht als, eine Personifizierung der in den Karpathenwäldern sehr zahlreich vorkommenden Raubthiere erkennen lassen, nur noch in den Volkssagen. Doch nennt der Boike und Gorale noch heutzutage ein böses, zänkisches Weib Jazia“.

1) Das folgende nach einer Mittheilung in der Austria 1857 S, 316. Zur Vergleichung mag sie hier Platz finden. Die slaw. Hausgeister sind auch dienstfertig, aber eigennützig (Hanusch 330).

In südslawischen Landestheilen, namentlich in Krain, erzählt man vom Škrat. Dieser Name stimmt zu dem deutschen Schrat (Gr. M. 448). Ein Ort in Nied. Österr. bei Retz heißt Schrattenthal.

Die Schluchten auf dem Karst (um Sessana) werden Jama (Grube) genannt. Tief unten in der Jama hauset der Škrat; er hat lange Arme, eine grüne Jacke und eine rothe Mütze mit einer weit herunterhängenden Quaste. Da unten sitzt er und ißt seinen Heidesterz aus einer irdenen Schüssel. Wirft nun jemand einen Stein in die Jama, und trifft er die Schüssel, so wird er vom Škrat geholt.

Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 238ff
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, April 2005.