16. [Das Schlafkraut]

In Böhmen glauben viele, daß man mittelst des Schlafkrautes (atropa belladonna) Pferde fett und muthig erhalten könne. Das Schlafkraut muß aber in der Neujahrs-Mitternacht ausgegraben werden. Der grabende muß rings um sich einen Kreis ziehen, welchen der Teufel, der das Schlafkraut hütet, nicht zu überschreiten vermag. Sobald er das Schlafkraut ausgegraben hat, so muß er, ehe er aus dem Kreise heraustritt, dem Teufel eine schwarze Henne1) hinwerfen, damit dieser glaube, er habe seine Seele; dann muß er so schnell als möglich davoneilen und nicht ein einziges Mal sich umschauen, weil sonst der Teufel, der unterdessen die Teuschung erkannt hat, sich seiner bemächtigen würde.

1) Dem Teufel wird ein schwarzes Huhn geopfert s. Wolf deut. M. und Sag. Nr. 381. Vergl. Grimm Myth. 961.

Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 292f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, Mai 2005.
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