Die Knappen von Silberberg

Vorzeiten, als der Bergbau bei Brixlegg im Unterinntal in höchster Blüte stand, wurden die Knappen übermütig und gottlos. Anstatt die Kirche zu besuchen, spielten sie mit silbernen Kegeln und goldenen Kugeln. Nichts war ihnen mehr gut genug, und als eines Tages der Koch für eine Knappenschar Kuchen auftrug, verhöhnten sie ihn und nagelten die Gottesgabe als Sohlen auf ihre Schuhe.

Nicht lange danach fuhr die frevelhafte Rotte johlend in die Grube ein. Als ihr aber nach Ablauf der Schichten die Ablösung folgte, sah sie mit Schrecken, daß der Stollen eingebrochen sei. Wohl begannen alsbald die Rettungsarbeiten, um die Eingeschlossenen zu befreien; aber da sie nur langsam vor sich gehen konnte, war die Rettung nimmer möglich.

Nach unsäglicher Mühe gelang es, den eingestürzten Stollen zu durchbohren und die Verunglückten ans Tageslicht zu bringen. Sie waren dem Hunger und Durst erlegen, in ihren Fäusten fand man – die abgenagte Sohlen ihrer Schuhe. Grausen erfaßte ob dem Gottesgerichte die Knappen, denn alle hatten von dem Frevel mit der Gottesgabe gehört.

Noch heute, wenn ein gottbegnadetes Sonntagskind in den Keller des Silerbergerhofes hinabsteigt und das rechte Ohr auf den Kellerboden legt, kann es die Geister der verunglückten Knappen unten im Stollen rumoren hören – ja einige behaupten sogar, in der Nacht St. Johanni höre man deutlich das Klingen der silbernen Kegel und der goldenen Kugeln.

Quelle: Österreichisches Sagenkränzlein, Hans Fraungruber, Wien, Stuttgart, Leipzig 1911
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Dezember 2006.
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