Die wilde Frau in der Wôbâch

In dem Tale der Wôbâch, eines kleinen Bächleins, das sich in die Eisch ergießt, lebte ehemals eine wilde Frau in einer Höhle. Deshalb wird dieser Ort, der zwischen Simmern und dem Heckenhof liegt, der Wölfragrond genannt. Diese Frau war ganz mit Haaren bedeckt, vom Kopf bis zum Fuß. Während des Tages hielt sie sich in der Höhle verborgen; kaum aber war die Nacht hereingebrochen, so verließ sie die Höhle, ging die Eisch entlang, und was sie nur erreichen konnte, Mensch oder Tier, erwürgte sie. Niemand wagte sich während der Nacht an diesen Ort.

Einem Ritter aus dem Simmerschlosse gelang es, die Gegend von dem Ungeheuer zu befreien. Dieser, mochte er nun der wilden Frau aufgelauert oder sie unverhofft angetroffen haben, riss das silberne Kreuz von seinem Rosenkranz, drückte es zu einer Kugel zusammen, lud damit seine Büchse und erlegte mit der so gebildeten Kugel die wilde Frau.

Quelle: Nikolaus Gredt, Sagenschatz des Luxemburger Landes, Luxemburg 1883