Der Spuk am Enerèweschter Weiher zu Lintgen

Vor vielen Jahren zeigten sich regelmäßig in der Nacht vom Freitag auf den Samstag an dem in dem Gemeindewalde von Lintgen befindlichen Weiher, genannt Enerèweschter Weiher, zwei riesige Menschengestalten, welche, mit einer Art langer Rute versehen, die Oberfläche des Wassers dermaßen peitschten, daß man den Lärm weit und breit wahrnahm. Zu gleicher Zeit hörte man die Rufe: „Huhu! huhu!“ Den Schluß dieser Szene bildete ein Rundtanz um den Weiher. Alle Bemühungen, diesen Geistergestalten auf die Spur zu kommen, blieben erfolglos; bei dem geringsten Geräusche verschwanden sie sofort und man hörte alsdann nur einen heftigen Plumps im Wasser. Eines Tages versteckten sich einige verwegene Burschen des Dorfes, jeder mit einem Knüttel bewaffnet, hinter dicken Baumstämmen, in der Absicht, der Spukgeschichte näher auf den Grund zu kommen. Als die Geisterstunde herannahte, hörten sie wieder richtig das Peitschen und die eigentümlichen Rufe, auch sahen sie die Gestalten ihren Rundtanz ausführen. Auf ein gegenseitig gegebenes Zeichen stürzten sie hervor und hieben tüchtig ein; doch ihre Waffen fanden keinen Widerstand. Sie hörten nur mehr den Plumps im Wasser, sonst blieb alles mäuschenstill. Von nun an aber hörte der Spuk auf; jedoch ist heute noch mancher der Lintgener Dorfbewohner der Meinung, daß unsichtbare Geister im Enerèweschter Weiher ihr Wesen treiben.

Zollbeamter J. Wolff

Quelle: Nikolaus Gredt, Sagenschatz des Luxemburger Landes, Luxemburg 1883