DER PFANDBRUNNEN



In den Binsen in Mauren ist der Pfandbrunnen. Dort lebte in alter Zeit ein gottloser Wucherer und Leuteschinder. Meistens gab er seine Darlehen bloss fünfzig oder höchstens achtzig für hundert, und so nützte er die Not seiner armen Mitmenschen in der gewissenlosesten Weise aus.

Zur Strafe hiefür geistet er nun an dieser Stelle und wurde schon zu wiederholten Malen dort gesehen als warnendes Beispiel für Wucherer und Betrüger.

Aus dem Wasser des Brunnens hört man manchmal murmelnde Geräusche, und sie werden als die Worte des Wucherers gedeutet: "Achtzig für hundert".

Es wird auch erzählt, dass der Wucherer einst auf dem Heimweg von der Strasse abgekommen und in dem sumpfigen Gelände, das früher dort gewesen ist, versunken sei.

Immer tiefer zog es ihn hinab, rettungslos, und zum Schlüsse hob sich nur mehr eine aufgereckte Hand empor.

Quelle: Sagen aus Liechtenstein, Otto Seger, Nendeln/Liechtenstein, 1966/1980, Nr. 33