MARKSTREIT AM KATHARINABRUNNEN
Zwei Burschen aus Balzers kehrten von einem Feste auf der Luziensteig
heim. Da sahen sie nahe der Landstrasse zwei Männer, die sie nicht
erkennen konnten, um die Grenze zweier Grundstücke streiten. Die
Balzner dachten: Eigentlich sollte man ihnen helfen können. Aber
sie gingen doch weiter.
Kaum waren sie daheim, da klopfte es an den Fensterladen. Es war, wie
sie geahnt hatten: Die unheimlichen Fremden standen draussen und fragten
unfreundlich: "Was habt ihr gedacht, als ihr bei uns vorbeigelaufen
seid?" Die Burschen antworteten: "Man sollte euch helfen können,
ist unser Gedanke gewesen". Mit zorniger Stimme befahlen jetzt die
nächtlichen Gäste: "Kommt sogleich mit uns zum Katharinabrunnen,
dort, wo ihr uns getroffen habt! Folgt ihr nicht, liegt ihr morgen tot
im Bett".
Der eine ging mit, obwohl ihn der andere abzuhalten versuchte. Draussen
auf dem Feld befahlen die beiden Geister, einen glühenden Markpfahl
an die Grenze zu setzen. Von Angst gequält, folgte er dem Befehl,
und als es geschehen war, verschwanden die Geister lautlos. Er aber hatte
die Hand ganz verbrannt, mit der er den Pfahl gehalten hatte.
Entsetzt ging er heim, um es seinem Freunde zu berichten, aber als er
dessen Schlafkammertüre öffnete, fand er ihn tot im Bett.
Quelle: Sagen aus Liechtenstein, Otto Seger,
Nendeln/Liechtenstein, 1966/1980, Nr. 36