DER GRITSCHER POLI



Vor vielen, vielen Jahren war auf der Alpe Gritsch ein Senn angestellt mit Namen Paul; er soll ein Bündner gewesen sein. Dieser Senn stahl den Bauern während des Sommers Butter und Käse und versteckte sie in einer Höhle unterhalb der Sennhütte. Nach der Alpabfahrt beförderte er das Diebsgut in die Heimat.

Zur Strafe lässt ihn der Volksmund heute noch in dieser Höhle wohnen, Polis Loch genannt. Man sagt heute noch, wenn er dort rufe, gebe es Schneefall.

Einmal wollten vier neugierige Schaaner Burschen die Höhle besuchen, um den Poli zu sehen. Sie krochen hinein und kamen zu einem Spalt, und daraus hallte das unheimliche Geschrei des Geistes. So schnell sie konnten, flohen sie, und als sie sich draussen ansahen, stellten sie fest, dass ihre Köpfe ganz rot und geschwollen waren.

Wie der Sücca-Keres trieb auch der Poli noch lange sein Unwesen. Auf Gritsch hörte man manchmal in der Nacht, wie er auf dem Schindeldach von Hütte und Stall Viehketten rasselnd auf- und abzog und dabei stöhnte.

Einem Senn machte er das Vieh rückig, aber der hatte immer Weihwasser bei sich und beruhigte so die Tiere. Am meisten Angst hatte aber dieser Senn, wenn <ler Poli bei der Herde erschien und das Vieh, mit dem Finger auf jedes Stück zeigend, zählte. Er konnte dann gewiss sein, dass ihm bald ein Stück aus der Herde zu Tode fiel.

Quelle: Sagen aus Liechtenstein, Otto Seger, Nendeln/Liechtenstein, 1966/1980, Nr. 24