DER SENNER IM MOND

Auf der Matscher Alm war einst ein leichtsinniger Senner, der sträflich mit der Gottesgabe umging: Das für das Vieh bestimmte Salz ließ er beim Salzen zur Hälfte auf den Boden fallen, die Milch leerte er aus, wo es ihm gefiel, oder wusch sich damit, aus dem Käse machte er zum Zeitvertreib allerlei Figuren und aus Butter Kugeln, die er aus Zeitvertreib den steilen Berg hinunterkegelte. Dadurch fügte er den Bauern großen Schaden zu. Als er gestorben war, ließ der ewige Richter ihm die Wahl, ob er in der Sonne verbrennen oder im Monde erfrieren wolle. Der Senn wählte das letztere, und deshalb sieht man noch heutzutage im Vollmond deutlich seine Gestalt. (Schluderns.)

Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol, 2. Auflage, Innsbruck 1891, Nr. 655, S. 370