Perim, der Tuifl

Perim war ein Holzfäller und hauste hoch über Naturns an den damals stark bewaldeten Hängen des Sonnenberges. Hoch oben an der Baumgrenze stand seine Hütte, Forchach genannt. Darin schaltete und waltete sein hübsches junges Weib Miniga. Perim mußte Holz fällen und die Burgküche von Hochnaturns mit Wildbret beliefern. Seine Leidenschaft aber war das Wildern, auf das damals die Todesstrafe stand.

Als er wieder einmal einen starken Zwölfender zur Strecke gebracht hatte, fiel er in die Hände des Burgherrn, der zugleich die Gerichtsbarkeit innehatte. Dem Jagdfrevler drohte das Verschmachten im Hungerturm, einem schaurigen Verlies in der Tiefe des halbrunden Turmbaues an der Südseite der Feste, in das die Wilderer zusammen mit dem erbeuteten Wild zu qualvoll langsamem Hungertod geworfen wurden. Doch die junge Frau Miniga, auf die der Burgherr schon längst ein sehnliches Auge geworfen hatte, flehte inständig um Gnade und erlangte sie auch. Perim durfte jedoch seine Frau niemals wiedersehen und zur Buße für seinen Jagdfrevel und als Abschreckung für andere wurde ihm auferlegt, stets einen mit Nägeln gefütterten Eisenhut, auf dem das Geweih des gewilderten Hirsches angeschmiedet war, zu tragen und fern vom grünen Wald auf der Landstraße Steine zu klopfen.

Die Buße war hart, denn die schwere stachelige Kopfbedeckung schmerzte und trug ihm überdies das Gespött der Leute ein. So wurde Perim immer menschenscheuer und verlernte das Reden. Das Volk mied ihn jetzt gänzlich und nannte ihn den "Tuifl". Auf Fürbitte des Landesfürsten Ludwig von Brandenburg, Gemahl der Margarete Maultasch, wurde er nach vielen Jahren bitteren Leidens begnadigt. Aber auch jetzt konnte Perim das Wildern nicht lassen und so mußte er sein Leben doch noch im Hungerturm von Hochnaturns vorzeitig und qualvoll beenden.

Quelle: Winkler Robert, Volkssagen aus dem Vinschgau. Bozen 1968. S. 330 f.