ST. PETER IN AUER UND DER EINSIEDLER

Die Peterskirche ist eine der ältesten Kirchen des Landes und die eigentliche Pfarrkirche der Gemeinde Auer. Sie steht am Südende des Dorfes hart an der Landstraße, von welcher man sieben Stufen zur Kirche hinuntersteigen muß. Man sagt, daß vorzeiten ebenso viele Stufen zu ihr hinaufführten, und man sieht auch wirklich noch den oberen Teil eines Tores, das als Eingang gedient haben soll. Dieses Gotteshaus soll schon zur Zeit der Kreuzzüge gestanden haben, denn von dem riesenhaften St. Christoph an der Außenwand der Kirche erzählt man, daß ihn die Kreuzfahrer gemalt hätten.

Auer, St. Peters Kirche, © Dietrich Feil

Auer, St. Peters Kirche
© Dr. Dietrich Feil

Die St.-Peters-Kirche ist von einem alten Friedhof umgeben, an dessen Ostseite eine kleine Kapelle, die sogenannte Totenkapelle steht. Dort lebte vor alters ein frommer Einsiedler, zu dem die Leute von nah und fern kamen, um Rat und Trost zu holen. Eines Tages stieg er auf dem Heimweg vom Dorf, um einem Umweg auszuweichen, über eine Mauer, fiel aber hinab, brach sich das Genick und blieb tot liegen. Als die Leute den alten Einsiedler in seiner Klause nicht mehr fanden, gingen sie, ihn zu suchen. Nach drei Tagen fand man ihn hinter der Mauer, trug ihn dann in die Einsiedelei und begrub ihn unter einem ungeheuren Zulauf des Volkes.

Ein altes Weiblein, welches den Tod des frommen Mannes recht betrauerte, ging oft an sein Grab, um für seine Seelenruhe zu beten. Wie sie nun eines Tages wieder auf den Friedhof ging, sah sie den Einsiedler vor der Klause sitzen. Sie erschrak sehr und wollte davoneilen. Er aber bat sie, näher zu kommen, weil er ihr etwas Wichtiges zu sagen hätte. Sie überwand die Furcht und näherte sich dem Geiste, der sie dann mit hohler Stimme aufforderte, für ihn eine Wallfahrt nach Weißenstein zu machen. Das Weib sagte bekümmert: "Aber, Vater, Ihr wißt ja, daß ich ganz arm bin und auf diesem Weg auch keine Bekannten habe." Der Geist entgegnete: "Sei deshalb nur nicht verzagt, ich werde schon sorgen. Sieh, wenn du hinaufkommst zum Steinhaus, wird die Bäurin vom Hause heraustreten und zu dir sagen: "Schon so früh auf dem Wege, Weiblein? Komm doch herein, ich gebe dir eine warme Suppe." So beschrieb er ihr die Aufnahme, die sie in verschiedenen Häusern finden werde. Die Alte versprach die Wallfahrt, machte sie auch bald darauf und fand es überall genauso, wie ihr der Geist gesagt hatte.

Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 443