Ultner Humor

Das Rezept

Als ein Ultner einst in Lana von einem Metzger gehört hat, daß auch die Innereien zu den eßbaren Dingen gehörten, kaufte er sich vom Metzger etwas Innereien zum Versuch und ließ sich das Kochrezept geben. Auf dem Heimweg entriß ihm der Mund das eben Eingekaufte. Der Ultner sah dem Tier spöttisch nach und lachte: "Lauf nur zu, du kannst es ja gar nicht kochen, das Rezept habe ich im Sacke."


Die Kirchenschieber

Einst wollten die Ultner ihre Pfarrkirche den übrigen Häusern näherrücken. Da schrieben sie es als Gemeindearbeit aus, so daß jeder Ultner verpflichtet war, nach Kräften mitzuschieben. Damit sie wußten, wohin sie die Kirche schieben sollten, legte einer seinen Rock auf den neubestimmten Kirchengrund nieder. Während des Schiebens wurde er aber gestohlen. Als die schiebenden Ultner das Verschwinden des Rockes bemerkten, schrien sie: "Mei, iatz schiab's nur lei grod wieder zruck, aß mar'n Rock wieder bekemmen!"


Das Eselsei

Ein Ultner sah in Lana einen Kürbis. Als er um den Namen dieses rätselhaften Dings gefragt, belehrte man ihn, daß dies ein Eselsei sei. Es wäre nur noch auszubrüten. Das merkte er sich gut, nahm das Ei mit nach Hause, und sein Weib übernahm nun die schwere Pflicht einer Eselsmutter. Trotz allem Fleiß will die Brütekunst nicht gelingen. Da gerät der Gefoppte in gewaltigen Zorn und wirft mit aller Kraft das große Ei den Berg hinab. Der Kürbis bleibt aber unterwegs in einem Gebüsch stecken, und in ängstlicher Eile springt ein Hase davon. Der Ultner steht wie versteinert da. Als er sich vom Schrecken erholt hatte, rief er: "Holt aun, holt aun, jung's Esele, i bin dei Voter!"


Das Neujahransingen

Als die Neujahransinger einem Bauern die Glückwünsche gesungen hatten, griff dieser in die Tasche, holte einige Geldstücke heraus und gab jedem einzelnen Sänger eine Münze in die Hand und sagte: "I zohl jeden für sich, weil g'sungen hat a ajeder für sich!"


Kinderlos

Ein Ehepaar ist kinderlos geblieben. In ihren alten Tagen saßen sie einmal gemütlich in der Stube beisammen. Die Frau sagte zum Mann: "Es isch an Eilet, heute wissen dia Kragn (Kinder) schon mit acht bis zehn Johr, wou di Kinder herkemmen." Darauf sagte der Mann zu ihr: "Jo, gell, sei isch wohr; und du woasch's heit nou nit!"


Der Kapuzinerpater

Ein Pater mit Glatze und langem Bart kommt zu einem Bauernhof. Ein kleiner Bub sieht ihn und ruft der Mutter weinend zu, die unten in der Molziege war: "Muatter, kemmp auer, a Mensch isch do, hat'n Kopf unterschi-überschi auf!"

Der Mondspiegel

Die Nachtraupen der Sonnenseite und der Schattenseite des Tales waren zwei gegensätzliche Parteien. So kam es, daß einmal die Schattenseitigen darüber klagten, daß bei ihnen die Sonne weniger Licht auf die Waldwege werfen könne, weil da der Wald viel finsterer sei und die Bäume dichter und höher als anderswo. Bei Nacht sähen sie so gut wie gar nichts, weil die Wege vom ohnehin schon schwachen Mondlicht unbehelligt blieben und so die nächtlichen Ausflügler leicht stolperten. Von kundigem Rat bewogen, gedachten nun die Schattenseitigen, diesem Übelstand mit der Anfertigung eines Mondspiegels endlich abzuhelfen, nahmen eine große Pfanne, strichen ihren ebenen Boden mit Schmalz aus und buken darin einen Kuchenteig aus feinem Weizenmehl halbgar. Sie nahmen den noch weißen Kuchen heraus, der wirklich einen spiegelglatten Boden zeigte, befestigten dieses gelungene Werk auf der gegenüberliegenden Sonnenseite am höchsten Baum, und tatsächlich übernahm dieser Spiegel vom Mond das Licht und machte in der Dunkelheit die Wege auf der Schattenseite kenntlich und leichter begehbar.

Aber schon am nächsten Tag merkten die sonnenseitigen Burschen den lichtspendenden Kuchen und erkannten zudem, daß dieser, in Milchsuppe eingetunkt, gut schmeckte. So nahm der Kuchen täglich ab, und der Hinweis einer altklugen Frau, daß der Mondspiegel die gleichen Eigenschaften wie der Mond selbst hätte, war den Schattenseitigen ein kurzfristiger Trost, denn mit dem Neumond war der Spiegel für ewig verschwunden. Seitdem stolpern die schattenseitigen Ausflügler wieder öfter auf ihren Heimwegen.


Der Trauungsgottesdienst

Einmal wurde ein Freier vom Madl verschickt (abgewiesen). Trotzdem nahm er am Trauungsgottesdienst der Untreuen teil und erhielt folgenden Trostspruch: Als der Priester sprach "benedicat vos" wurd'n dem Seppl die Hosen naß.


Beim Fensterlen

Beim Fensterlen hat ein Bursche seine Hose auf dem Fensterbalken aufgehängt. Die Nachtbuben holten sie herunter und liefen damit davon. Als der Bursche am frühen Morgen den Heimweg antreten wollte, war keine Hose mehr zu finden. So mußte er mit einem Kittel (Rock) seiner Verehrten nach Hause gehen.

Quelle: Gottfried Oberthaler, Das Ultental und seine Bäder. Eine Historie in Wort und Bild. Museumsverein Ulten, 1987. S. 101 - 102.