DAS TSCHETTERLOCH
Im Tschamintal hinter Tiers führt unten, nicht hoch über dem Bach, ein tiefes Loch in den Schlern hinein, so tief, daß man mehr als eine Viertelstunde zu gehen braucht, um ans Ende zu kommen. Vor dem Loch braust ein Wasserfall herab, so daß, wer dasselbe besuchen will, zuerst das schwer herniederstürzende Wasser über sich ergehen lassen muß.
Ganz hinten im Tschetterloch ist ein Raum, in welchem ein Tisch und an
den Wänden herum Bänke angetroffen wurden. Die einen sagen,
diese rührten von den Hirten früherer Zeiten her, welche darin
Obdach gesucht, andere erzählen, daß hier die ersten Christen
ihren verborgenen Gottesdienst gefeiert hätten, als die Christenverfolgung
wütete, wieder andere meinen, im Tschetterloch hätten die Riesen
der Vorzeit gehaust, samt ihren Hunden, und die letzten endlich behaupten,
diese Höhle habe den Saligen Leuten zum Aufenthalt gedient, und um
dieselben vor den Nachstellungen der Riesen und Menschen zu sichern, habe
Gott der Herr den abstürzenden Bach darüber hergeleitet.
Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 354