46. Rübezahl lasset seinen Stall ausmisten.

Ein geldbegieriger Bauerkauz soll mit Fleiß zum Rübezahl auf seine Residenz gegangen sein, verhoffende, daß er für seine bereitwillige Dienste eine stattliche Verehrung erreichen werde. Was geschicht? Er kömmt in solchen Gedanken in einen Meierhof (welchen der Rübezahl nur präsentieret und auf ein Interim dem Hachen eingebildet gehabt), da er von einem Hofmeister war angeredet worden, daß er ihme doch möchte ein Karrn oder etliche helfen Mist laden und auf den Acker fahren. Würde er es tun, so sollte es sein Schade nicht sein.

Der Dorflimmel verspricht sich, eine Weile Hülfe zu leisten, und gedenket mittlerweile auf seinen großen Nutzen, den er davontragen würde; doch war er auch zugleich getrost an die Arbeit gegangen und hatte in kurzer Zeit einen ziemlichen Misthaufen auf dem Hofe helfen räumen, bis daß drüber der Abend herbeigenahet und seine bestimmte Zeit erschienen, da er hat wollen Abschied wieder nehmen. Da hat der Hofmeister den Misthansen abgedanket und zu Lohn einen großen Tragkorb voll Mist auf den Weg gegeben, ihn vertröstende, daß er damit vorlieb nehmen wolle, bis was Besseres drauf erfolgete. Der Bauerrekel sackt den Kot auf, gehet damit in guter Hoffnung fort und gedenket, daß er einen mächtigen Schatz gehoben habe, derentwegen er denn auch unterwegens absetzet und seine Ausbeute besehen will; aber war es vorher Kühemist gewesen, so war es jetzund wie Pferdemist anzusehen gewesen. Darüber er in etwas erschrickt, doch dennoch von seiner Konfidenz nicht gänzlich ablässet, sondern den Quark abermal anpacket und ohngefähr ein Feldwegs weiterläuft, da er aufs neu lüstern wird, sein Reichtum zu beschauen. Aber da wird er innen, daß es Menschenschnud gewesen; drüber er gleichfalls etwas unmuts wird, weil die Sache nach seinem Wunsch noch nicht gut geworden. Doch verbleibt dennoch mehrenteils seine Hoffnung steif und feste, es werde dermaleins besser werden: setzt also seinen Korb wieder zurechte und sackt ihn abermal auf, darbei es ihm aber gar unglücklich ergehet, sintemal er mit einem Fuß ausschlüppert und allen stinkenden Unrat über seine Krause und Faltrock schüttete, daß er wie der Henker ausgesehen und eilends nach dem Wasser gelaufen ist, sich zu reinigen. Aber wie er nunmehr an den Ort hinan kömmt, da er vorher etwan eine Pfütze erblicket, so hat er nichts angetroffen, und war also gezwungen worden, in dem häßlichen Wuste und Unfläterei vom Berge zu laufen und im nächsten Dorfe seine Abbadung zu suchen. Wie es denn auch geschehen, daß er erstlich bei Giersdorf Wasser angetroffen und sich daselbst mit allem Heil hineingestürzet hat und seine Gäcke abgebadet, wie er denn seinen Kober auch nicht darbei vergessen. Nachdem solches vollbracht, war der arme Stümpfer zwar so weit froh, daß er des Gestanks los geworden; aber dieses kränkte ihn von Herzen sehr, daß er vor seine getreue Dienste vom Rübezahl so schändlich belohnet worden. Und gehet hiemit ganz wehemütig zu seinem Losament, vorhabende, ein ander Kleid anzuziehen und das anhabende auszudreugen. Wie er nunmehr hierüber im Werke ist, das Wammes herunter hatte und die knöcherne Hosen jetzt auch gleich vom Steiße ziehen will, siehe, da klinkerten fünf Dukaten aus seinem Hemde, daran er zuvor seine garstige Hände gewischet, wie er auf dem Wege den Quark verschüttet und damit nieder zu Boden geschlagen gewesen. Ei, wer war hie froher und geiziger gewesen als dieser Ochsen-Duallis? Der zwar da gegenwärtig ein ziemliches Stücke bares Geldes unverhofft hat, doch gleichwohl nicht minder den übrigen Verlust des Unflats bedauret, da er eine gute Partei Goldes im Wasser möchte abgespielet haben.

Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 44ff
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