39. Rübezahl gräbet Rüben.

Als hat mir ein alter Fuhrmann aus Schlesien für wahrhaftig beigebracht, daß er vor zehn Jahren über das Gebürge [Gebirge] habe gehen müssen; da ihm unterwegens ein großer Durst angekommen, aber nicht gewußt, wie er denselbigen stillen sollte. Indem er also ziemlich matt gewesen, da stehet er nicht weit von der Straßen einen Mann Feldrüben graben. Zu solchem war er hingangen und hatte umb ein paar dergleichen Rüben fleißig gebeten, die ihm auch nicht waren versaget worden, sondern bald gegeben. Wie nunmehr der Fuhrmann sie habhaft gewesen und sie auch fein saftig befunden, da hat er sein Messer ausgezogen, eine davon geschälet und ganz aufgegessen, wie groß sie auch gewesen; die andern hat er bei sich verwahret gehalten, bis auf weitern Bescheid. Und indem geschiehet es, daß er in ein Wirtshaus unter dem Gebürge einkehret, da er die ander Rübe beim Kopf zu kriegen willens war. Siehe, da zeucht er keine Rübe mehr hervor, sondern in Gestalt einer Rüben ein großes Stück Bergwerk, welches mehrenteils klar Gold gewesen. Das lasset mir einen reichen Rübezahl sein, der lauter Geld zur Verehrung giebet denen, die nicht arglistig, sondern freundlich mit ihm umgehen!

Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 37f
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