57. Rübezahl kann aus Quark Gold künsteln.

Ein Apothekergesell brachte mir bei, daß ein armes Bauernweiblein bei der Schneeküppe vorbeigegangen und aus höchster Bedürftigkeit allda einen Mann umb ein Stück Brot angeredet, der ihr zu gutem Glücke daselbsten begegnet. Jener Mann aber (welcher gewißlich der Rübezahl gewesen) hatte sich in Baurengestalt antreffen lassen und in der Hand einen großen Krug voll süße Milch getragen; der denn die notleidende Frau also getröstet: Seid zufrieden! vielleicht ändert sich Euer Unglück. Haltet Euer Gefäße her, ich will Euch etwas von dieser Milch mitteilen, davon Ihr erstlich Euch laben könnet; das übrige und meiste aber müsset Ihr aufheben, gerinnen lassen und zum Käse machen: den sollt Ihr hernach teuer gnug loswerden. Folgt Ihr meinem Ratschlag und nehmet alles in acht, was ich Euch befohlen habe! Wer war hie lustiger gewesen als das gute Weiblein, welches gehoffet hat, da sonsten schwerlich was Gutes von einem andern wäre zu hoffen gewesen? Es hatte zuförderst ihren Durst geleschet; das übrige war aufgehoben worden, bis es oben zu Molken und unten zur dicken Milch geraten, daraus sie einen Käse formieret, solchen an die Luft getreuget und hernach, in ungezweifelten Vertrauen, einem Reichen hat verkaufen wollen. Aber wie sie damit zu Göhre gehet und den Käse aus ihrem Tüchlein herauswirken will, damit sie ihn füglicher dem Reichen liefere: siehe, da war es ein großer Klumpe Gold, welchen sie nunmehr selber behalten und ihr Glücke damit verbessert hat.

Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 55
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