35. Rübezahl gastieret katholische Pfaffen.

Geschichte hat mir geschrieben übergeben ein alter und erfahrner Schlesier, deme der großgünstige Leser gewiß und leichtlich einen Glauben beimessen kann und soll, nämlich: Einsmals reisen etliche katholische Priester mit etlichen Studenten in Polen nach Posen zu; wie sie aber auf den Berg kommen, treffen sie ein Wirtshaus an: darinnen waren viel Leute, hatten Spielleute und waren lustig. Weil es aber späte war, so bitten die Herren Geistlichen umb Herberge. Der Wirt saget, sie wären vornehme Leute und geistliche Personen; er wüßte nicht, was er ihnen vor Lager machen sollte; sie müßten mit einem Strapudio vorlieb nehmen. Ja, ja, sagten sie, es wäre alles gut. Er traktieret sie mit Essen und Trinken wohl; bekommen gute Räusche und legen sich aufs Lager, schlafen ein und ruhen alle wohl, fragen aber den Wirt zuvor, was sie schuldig wären: sie wollten früh morgens zeitlich aufsein; ob er auch Branntwein hätte? sie wollten früh vorher einen trinken. Sagt der Wirt, sie sollten früh morgens bezahlen und einen guten Rausch an dem Branntwein mitnehmen; er wäre willens, ihnen einen Gefährten auf ein paar Meilen mitzugeben. Das war den guten Herren lieb, daß sie den Wirt zu einem Gefährten kriegten; schliefen mit Freuden drauf ein. Als sie erwachten, so lagen die guten Herren alle unter einem Galgen: das war ihr Wirtshaus gewesen; was sie nun für Speis und Trank genossen, weiß ich nicht. Gott segne es ihnen!

Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 35f
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