55. Rübezahl führet ein armes Weib zum großen Schatz.

Folgende Geschicht erzählte mir ein schlefischer Studiosus. Wie nämlich sein armes Weib auf dem Gebürge [Gebirge] hätte wollen Wurzeln suchen, da wäre zu ihr der Rübezahl in eines Bauren Gestalt gekommen, hätte sie angeredet und gefraget, was ihr Begehren droben wäre? Drauf das bekümmerte Weib sagt, sie trachtete nach etlichen Wurzeln, die sie Armuts halben in der Apotheken hernach verkaufen wollte. Wohlan, antwortete jener, kommet mit mir, ich will Euch an einen Ort führen, da Ihr in geschwinder Eile eine Menge antreffet. Drauf war sie mitgegangen und war an eine Stelle geraten, da sie ein Loch gesehen voll lauter Dukaten; darvon sie so viel hatte mögen nehmen, so viel sie gewollt, wiewohl es ihre Blödigkeit nicht zugegeben hatte, einen großen Einpaß aus Geizigkeit zu tun.

Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 53
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