KUNIGUNDE VON HOHNECK

Zu der Zeit, als die Heimburg noch 'Hohneck' genannt wurde, lebte dort ein Ritter namens Kuno. Das Glück war ihm jedoch nicht hold, denn er verlor bei der Geburt seines ersten Kindes seine geliebte Frau. Er gab seiner Tochter den Namen ihrer Mutter, Kunigunde, und erzog sie, wie man eigentlich einen Sohn erzieht. Kunigunde lernte alles, was in der damaligen Zeit ein Ritter lernen musste. Sie ging mit Begeisterung mit ihrem Vater auf die Jagd.

Als sie 18 Jahre alt war, starb ihr Vater. Um nicht den andauernden Nachstellungen von Ritter Sibor aus Lorch ausgesetzt zu sein, beschloss sie, ihren Geliebten, einen jungen Ritter aus Flörsheim, so bald wie möglich zu heiraten.

Kurz vor der Hochzeit, als sie noch einmal zur Jagd wollte, begegnete sie einer bekannten, alten Wahrsagerin. In der Vorfreude auf die bevorstehende Hochzeit fragte Kunigunde sie übermütig nach ihrem Schicksal.

'Armes Kind', antwortete die Alte, 'du trägst in deinem Köcher einen Pfeil, der deinen Liebsten töten wird.' Kunigunde lachte, schwang sich auf ihr Pferd und rief der alten Frau zu: 'Da täuschst du dich aber gewaltig! Meine Pfeile haben noch nie einen Menschen verletzt. Ich beherrsche die Jagd!'

Kunigunde hörte nicht mehr, was die Alte noch sagte, denn sie jagte schon längst auf ihrem Pferd davon. Kurze Zeit später sah Kunigunde über einem Wiesental einen Raubvogel, der in der Luft kreiste und nach Beute Ausschau hielt. Kunigunde zögerte nicht lange, griff einen Pfeil und zielte auf den Vogel. Tödlich getroffen stürzte er zu Boden. Kunigunde kümmerte sich aber nicht weiter darum.

Sie hatte auch nicht bemerkt, dass Sibor ihr wieder einmal nachstellte. Er nahm den Pfeil mit dem Wappen der Hohnecks an sich, ohne zunächst irgendeine Absicht zu verfolgen. Als er aber bald darauf Kunigundes Bräutigam kommen sah, versteckte er sich und erschoss ihn mit Kunigundes Pfeil aus dem Hinterhalt.

Holzfäller fanden den Toten erst am nächsten Tag. Kunigunde erschrak zutiefst, als sie erkannte, dass ihr Bräutigam mit dem Pfeil, den sie auf den Raubvogel abgeschossen hatte, getötet worden war.

So hatte sich tragisch doch die Weissagung der alten Frau erfüllt. Ritter Sibor überlebte die Mordtat nicht lange. Nach einer durchzechten Nacht stürzte er im Sauertal von seinem Pferd und brach sich dabei das Genick.

Kunigunde zog sich vollkommen von der Außenwelt zurück. Sie erbaute in der Nähe von Hohneck ein Nonnenkloster und gab ihm den Namen Süßkirche. Dort lebte sie bis zu ihrem Tode. Von diesem Kloster sollen heute noch Mauerreste vorhanden sein.

Quelle: per email zugesandt von Sabine Lanius