Die Sallahner Zwerge
Auf dem Schmalzberge bei Sallahn wohnten einst Zwerge. Die vielen kleine
flinken Wichte waren stets gute Freunde mit den Bauern, Tagelöhner
und allen, die sonst im Dorfe Sallahn zu Hause waren. Auf der Schnurre
des Schmalzlagers trieben die stets gut gelaunten Heinzelmännchen
oft ihre tollen Kapriolen. Sie sprangen und versteckten sich, sie spielten,
und sie neckten sich. Die Sallahner gingen gerne und oft dorthin und schauten
sich das lustige Treiben der Wichte an.
Interessant war die Kleidung: Zu den roten Hemdchen trugen sie graue Höschen
aus herrlichen weichem Mausefell. Wenn sie ins Tal hinunterwollten, dann
setzten sie sich einfach hin und rutschten auf den Fellhosen hinunter.
Das ging so flink und schnell, daß es eine wahre Freude war, es
anzusehen.
So gab es ein richtig gutes Miteinander und eine hilfsbereite und verständnisvolle
Nachbarschaft zwischen den Menschen und den Zwergen. Die Heinzelmännchen
versorgten sich mit allem, was zum Leben nötig war, und backten sich
auch ihre kleinen Brote in großer Vielzahl allein.
Einmal aber war es geschehen, daß ein paar Jungzwerge bei ihrem
übermütigen Tollen den alten Backtrog, den sie besaßen,
umgestoßen hatten, so daß er den Berg hinunterrollte und in
Stücke brach.
Da fragten die Zwerge die Sallahner Bauern, ob sie ihnen nicht ihren Backtrog
einmal ausleihen könnten. Die Bauern hatten nichts dagegen, und so
geschah es dann, daß die kleinen Wichte auf dem Berge ihr Brot im
Brotbacktrog säuerten und kneteten.
Wenn alles fertig war und so richtig schön nach frischem Brot duftete,
legten die Kleinen ein leckeres winziges Brot als Leihlohn hinein und
brachten den Backtrog mit vereinten Kräften dahin zurück, wo
sie ihn hergeholt hatten.
Trotzdem fing man im Dorf langsam an zu murren: "Immer dieses Leihen!
Laß doch die Lütten sich selbst wieder einen Trog zum Backen
zimmern. Jedesmal, wenn wir gerade backen wollen, ist der Trog da oben
auf dem Berg. Wart man ab, das soll ein Ende haben," drohten sie.
Und einer der Bauern ließ seine Brotteigreste einfach am Trog kleben
und schmierte das Ganze noch einmal kräftig mit Dreck ein. Dieses
üble Machwerk sahen die Kleinen, als sie den Backtrog abholen wollten.
Sie waren erschrocken und betroffen über diese Handlungsweise, ließen
den schmutzigen Backtrog stehen und zogen von dannen. Sie nahmen den schlechten
Scherz so übel, daß sie ihre Sachen packten und ohne ein weiteres
Wort unverzüglich aus dem Schmalzberge bei Sallahn auszogen.
Dort, wo sie gezogen sind und mit vielen kleinen Füßchen die
letzten Schritte in Sallahn getan haben, wächst heute noch kein Gras.
Mit etwas Wehmut erinnert dieser kahle Steg an die einst so lustige Zwergenzeit
im Dorfe Sallahn."
Quelle: Hannelore Hilmer: Die schönsten
Sagen und Geschichten des Hannoverschen Wendlandes. Lüchow 1996,
S.74-75.
Die Sagen der Lüneburger Heide wurden
von Etta
Bengen gesammelt und für SAGEN.at
zur Verfügung gestellt.
© der Zusammenstellung: Etta
Bengen