DAS HEINZELMÄNNCHEN ZU CELLE

Eine Sage. Von den Herzögen residirte einst auch mal einer auf dem Schlosse zu Celle, der mit Kindern reich gesegnet war. Wenn nun die Kinder auf dem Rasenplatze vor dem Schlosse spielten, so gesellte sich gar oft ein kleines Männlein zu ihnen, welches ein prächtig Sammetkleid an hatte und ein Hütchen mit wallenden weißen Federn auf dem Kopfe trug; das gab den Kindern die hübschesten Spiele an und spielte auch gern selbst mit. Ließ sich aber ein Erwachsener sehen, so verschwand das Männlein, Und Niemand wußte, woher es gekommen und wohin es gegangen. Nur an einem anderen Orte ließ es sich noch blicken, das war in der herzöglichen Küche, wo es der Köchin fleißig half und sorgte, daß Alles in der besten und schönsten Ordnung war; dafür erhielt es denn auch von seiner guten Freundin, der Köchin, die anständigsten "Küchenstipendien". Wie nun aber der Frauen Erbfehler einmal die Neugierde ist, so war's auch bei unsrer Köchin, die gar zu gern wissen wollte, wes Standes und woher denn eigentlich das Männlein sei. Sie plagte und quälte es deshalb so lange, bis endlich das Hinzelmännchen zu ihr sagte: Sie solle Mittags 12 Uhr ins Gewölbe kommen, da werde eine Wiege stehen und in die möge sie hinein sehen. Die Köchin geh auch zur angegebenen Ziet ins Gewölbe, wo sie einen großen Vorhang vor sich sieht, und, als sie denselben zurückschlägt, steht denn richtig die Wiege da, darin ein neugeborenes Kind mit einer golkdenen Krone auf dem Haupte und eienm blutigen Dolch im Herzen steckend. Die Köchin sinkt vor Schreckt in Ohnmacht und als sie wieder erwacht, befindet sie sich in ihrer Küche, und das Hinzelmännchen ist um sie bemüht, sie wieder zur Besinnung zur bringen. - Nach dieser Begebenheit hat sich das Hinzelmännchen nicht mehr sehen lassen. Als aber später einmal ein Maler ins Schloß gekommen, hat der Herzog zum ewigen Angedenken Hinzelmann's Portrait nach dem Gedächtnis seiner Kinder abconterfeien lassen, und soll dieses Gemälde sich noch heute im Schlosse befinden.

Quelle: Weichelt, Hermann: Hannoversche Geschichten und Sagen. Norden o.J. S.222-223, 15.Buch.
(Nach tel. Nachfrage von Etta Bengen im Schloß Celle am 11.10.96 hat sich ergeben, daß es kein derartiges Gemälde gibt.)
Die Sagen der Lüneburger Heide wurden von
Etta Bengen gesammelt und für SAGEN.at zur Verfügung gestellt.
© der Zusammenstellung: Etta Bengen