DIE HEXE VON ASCHBERG

Ein Bauer in Aschberg bei Fürsteneck hatte zwei Mägde im Dienste, von denen die eine, die sogenannte große Magd, eine Hexe war, während die andere sich durch Frömmigkeit und Sittsamkeit auszeichnete.

Als einmal die beiden auf die Wiese mußten um Gras zu mähen, fing es fürchterlich zu regnen an und die große Magd sagte: »Heut habe ich gar keine Lust zur Arbeit. Ich lasse mir arbeiten und lege mich unter den großen Stein dort neben dem Felde. Wenn es dir recht ist, dann schaue ich auch für dich um jemand, der dir die Arbeit macht.« Die kleine Magd war selbstverständlich einverstanden. Als die Mägde nun an die Wiese gelangt waren, sahen sie bereits zwei stämmige, handfeste Männer tüchtig schaffen und sie gingen nach dem großen Steine am Feld, hingen ihre Sensen an einen nahen Baum und legten sich an einem geschützten Plätzchen bei dem Steine nieder. Gegen Abend ließ der Regen nach und die Mägde schickten sich an heimzugehen; dabei sahen sie, daß die Wiese bereits vollständig gemäht war.

Am darauffolgenden Sonntag traf es sich, daß die große Magd daheim bleiben mußte das Mittagessen zu kochen. Sie beredete die jüngere Arbeitsgenossin auch bei ihr zu bleiben; denn sie wolle ihr etwas besonderes zeigen. Sie solle sich bis die Hausleute fort wären im Kasten verstecken. Inzwischen stellte sie ein Schaff mit Wasser in die Stube und ließ dann, als sozusagen die Luft rein war, die andere ins Wasser schauen. Da stieg der Teufel heraus, der die kleine Magd aufforderte, ihm ihre Seele zu verschreiben. Zitternd vor Angst und Schrecken wollte diese entfliehen; aber der Teufel rannte ihr nach und stieß ihr dabei mit seinem Bockfuß ein Auge aus. Die große Magd verband sie und bat sie nichts auszusagen. Doch als die Hausleute von der Kirche zurückkamen erzählte sie ihnen was geschehen. Daraufhin wurde die große Magd eingesperrt und, da sie leugnete, gefoltert, bis sie ihre Verbindung mit dem Teufel eingestand. Einige Wochen später wurde sie auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen