DIE BLINDE MARTER

Außerhalb der Stadt Deggendorf steht in der Stadt-Au eine runde Granitsäule, welche eine Monstranze aus Blech und darunter die Aufschrift trägt: "Bis zu dieser Säule", genannt blinde Marter, drangen die Hussiten im Jahre 1430 vor. Viermal suchten sie zu stürmen, wichen aber nach der Legende durch den Segen mit dem hl. Mirakel von der Stadtmauer aus geblendet entsetzt zurück und zogen endlich ab.

Als nämlich im Jahre 1430 die Hussiten unserm Bayerlande ihren ungebetenen Besuch abstatteten, zogen sie auch vor Deggendorf, das damals von einer hohen und starken Mauer und einem breiten und tiefen Ringgraben umgeben und von tapferen Bürgern bewohnt war. Viermal rückten die wilden Horden an und viermal mußten sie weichen. Die Deggendorfer hätten vielleicht der Übermacht nicht endgültig Widerstand zu leisten vermocht; aber ein Höherer, ein Mächtigerer, war ihr Beschützer und Helfer. Unter den mutigen Bürgern stand, die Monstranze in den Händen, der furchtlose Pfarrer und gab von der Mauer herab den Segen. Da wurden die Feinde geblendet und mußten sich zurückziehen, bis sie endlich, eine höhere Macht ahnend, sich vollends aus dem Staube machten.

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen