DER SCHWARZE KÄFER

Der Stallbub eines Hinterebener Bauern handelte einmal von einem Kameraden für sechs Kreuzer einen großen schwarzen Käfer wahrscheinlich einen Schrötter (Hirschkäfer) - ein, der in einem Glase eingesperrt war. An diesem Käfer hatte er eine ganz besondere Freude und da er fürchtete, er könnte ihm abhanden kommen, so versteckte er ihn in seiner Truhe.

Seit der Junge den Käfer im Besitz hatte ging ihm das Geld nie mehr aus. Immer klapperte einiges in seinen Hosentaschen, wenn es auch nicht viel war. Das Eigentümliche aber bei der Sache war, daß seinen Mitbediensteten hingegen immer von ihrer Barschaft abging, ohne daß sie sich's erklären konnten. Unser Stallbub aber ahnte es und das Ding schien ihm bald nicht mehr geheuer. Er wollte den Zauberkäfer wieder loshaben und warf ihn deshalb in das Wasser. Des andern Tages aber fand sich derselbe wieder in der Truhe vor. Darauf warf er ihn ins Herdfeuer. Am nächsten Tage war er wieder in der Truhe. Nun ging der Stallbub zu seinem Bauern und beichtete ihm. Der Bauer aber wußte auch keinen Rat; doch fiel ihm schließlich ein, es könnte von Nutzen sein, wenn er den Pfarrer befrage. Der ließ sich den Käfer bringen und sprach zu dem Buben: »So, jetzt wird er dich nicht mehr suchen!« und der Käfer blieb richtig von da an aus; aber auch die Geldquelle versiegte.

»Der Bauer, bei dem jener Stallbub im Dienste stand«, so versichert uns unser Gewährsmann allen Ernstes, »war mein seliger Großvater und die Geschichte ist nicht erdichtet, sondern hat sich wirklich so zugetragen.«

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen