DER SCHNEIDERFRANZL VON WURZ

Der Schneider von Wurz mühte sich redlich ab, seine Familie ordentlich zu ernähren und doch guckte ihm nicht selten die Not zum Fenster hinein. Sein einziger Sprößling, der Franzl, war in christlicher Zucht auferzogen und mußte, obwohl er erst zwölf Jahre zählte, bereits sein Brot selbst verdienen. Er machte beim Nachbarn, einem Großbauern, den Schafhirten. Dabei bekam er einen Batzen Geld, stand dem Vater aus der Schüssel und konnte gar manchmal einen Laib Brot, etliche Eier, Krapfen oder sonst etwas für den Magen nach Hause bringen. Nicht lange stand er aber im Dienste und es kam die Hoffart über ihn. Er, der Schneider Franzl von Wurz, die Schafe hüten! Wenn es wenigstens Ochsen und Kühe, Kälber und Jungrinder wären! Doch die waren seinem Schulkameraden, dem Häusler Fritz, anvertraut. Sein Mißmut, seine Unzufriedenheit steigerte sich von Tag zu Tag und einmal, als er wieder dem Lerchenfeld zutrieb, warf er die Geißel ins Gras und rief: "lieber mach' ich die Hölltür auf und zu, als immer und immer die Schafe hüten!" Kaum gesagt, tat sich die Erde unter ihm auf und Franzl war verschwunden.

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen