DER BÖHMISCHE GESCHIRRHÄNDLER

Ein Geschirrhändler aus Böhmen kam mit seiner Ware oft in den Böhmerwald. Er ging von Dorf zu Dorf und von den Dörfern weg zu den Einödhöfen. In Teisnach kehrte er stets im dortigen Bräuhause ein. Da gab es dann immer fröhliche Kurzweil und die Bauern der nächsten Umgegend fanden sich gerne am Ofentisch zusammen; denn der Geschirrhändler wußte allemal allerhand Neuigkeiten von drüben und herüben; auch war er ein Freund von Späßen und losen Streichen. Einmal kam er wieder; aber sein Äußeres war völlig verändert. Die dunklen Haare hatten sich grau gefärbt; die gewölbte Stirn zeigte Falte an Falte und das rührige Mundwerk war wie abgestorben. Teilnahmsvoll fragte ihn sein Herbergsvater, was ihm denn fehle. Er aber schüttele nur den Kopf und seufzte schwer. Doch jener ließ nicht nach in ihn zu dringen und so erzählte er ihm, daß er heute Mitternacht sein Leben verwirkt haben werde. Der Teufel werde ihn holen. Er habe nämlich mit demselben einen Vertrag eingegangen, nach dem er jedesmal so oft er in die Tasche greife einen Groschen darinnen finde, dafür solle der Teufel Herr seiner Seele werden. Heute nachts 12 Uhr laufe die gestellte Frist zu Ende.

Es war bereits 11 Uhr, also nur noch eine Stunde Zeit. Da eilte der Bräuer in den Stall, zog einen Gaul heraus und ritt mit dem Geschirrhändler, den er vor sich auf das Pferd gesetzt hatte, nach Geiersthal zum Pfarrer (damals hatte Teisnach noch keine Kirche). Derselbe nahm den Mann mit in die Kirche, hängte ihm den Rauchmantel um und stellte ihn vor den Altar. Kaum waren die 12 Schläge der Mitternachtsstunde verhallt, erschien der Teufel vor der Kirchentüre, die der Pfarrer vorsichtig versperrt hatte. Dreimal schlug er an die Türe, daß die ganze Kirche erzitterte und zu wanken begann; aber es half ihm nichts. Hier war seine Macht zu Ende und der Geschirrhändler blieb am Leben. Er trat später in ein Kloster ein und starb in hohem Alter als frommer Büßer.

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen