DIE BRAUT VON FÜRSTENSTEIN

"Wohin, wie die Windsbraut, mein edler Herr!
Wohin im Hochzeitsgewand?
Es blutet der Sporn, es schäumt die Mähr' -
Es glüht unterm Hufe der Sand."

So sprach zum Junker von Falkenau
Ein Frauenbild wohlgetan;
Die Fremde saß früh im Morgengrau
Am Hochgerichte und spann.

"Ich reite fürbaß gegen Fürstenstein,
Zum Schlosse wohl stattlich erbaut;
Die Fahrt ist eilig, es wartet mein
Mit Sehnsucht die herzliebe Braut."

"Ach, guter Ritter! Jetzt ist nicht Einst -
Aus Rosen weht Leichenduft;
Die Du ins Brautbett zu führen meinst
Sie schlummert in modriger Gruft."

"Ha, Natter! Den Stich bezahlst Du zur Stund;
Nicht straflos sagst Du mir Spott:
Erst gestern küßt' ich Süßliebchens Mund,
So warm und so purpurrot."

Er riefs und zuckte das scharfe Schwert,
Und hieb mit Zornesgewalt -
Doch spurlos, wie duftige Nebel durchfährt
Das Erz die Frauengestalt.

Da bäumt sich der Rappe vor Geisternäh'
Und stürzt mit dem Reiter talab;
Dem Armen wird es ums Herz so weh:
"Ach Liebchen! so lägst Du im Grab?"

Es flattert im Winde sein blondes Haar,
Sein Busen atmet mit Not;
Er klagt und seufzet wohl immerdar:
"O weh mir! ist's Liebchen tot."

Und als die Sonne zur Rüste ging,
Beschien sie des Fürstensteins Turm;
Vom Giebel ein Fähnlein hing,
Drin sauste gar traurig der Sturm.

Die Sterbeglocke klang dumpf ans Ohr,
Sie klang sonder Unterlaß -
Drauf sprengte ein Rappe herein zum Tor -
Im Sattel kein Reiter saß.

Adalbert Müller

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen