BESTRAFTE GOTTLOSIGKEIT

Es war einmal eine Frau, die nicht betete und nie Weihwasser nahm. Als sie eines Morgens Holz vom Hofe in die Stube trug, fand sie vor der Haustüre einen blutigen Fuß, vor der Stubentüre eine blutige Hand und auf dem Tisch in der Stube einen blutigen Kopf; hinter dem Ofen aber sah sie einen kohlschwarzen Mann stehen. Zitternd vor Furcht und Schrecken fragte sie denselben, warum vor der Haustüre ein blutiger Fuß liege und erhielt zur Antwort: »Weil du nicht betest und keinen Weihbrunn nimmst!« Dann fragte sie, warum vor der Stubentüre eine blutige Hand liege und die Antwort war wieder: »Weil du nicht betest und keinen Weihbrunn nimmst!« Zum dritten Male fragte sie, warum auf dem Tische ein blutiger Kopf liege und erhielt zum dritten Male die Antwort: »Weil du nicht betest und keinen Weihbrunn nimmst!« Sie fragte weiter: »Warum bist du schwarz?« »Weil ich der Teufel bin!« »Warum hast du so große Augen?« » Daß ich dich besser sehen kann!« > Warum hast du so große Füße?« »Daß ich besser laufen kann!« »Warum hast du so große Hände?« » Daß ich dich besser fassen kann!« »Warum hast du ein so großes Maul?« » Daß ich dich leichter fressen kann!« Und dann stürzte er auf die Frau los und verschlang sie. Der schwarze Mann war wirklich der Teufel.

Anmerkung: Man beachte in dieser Sage die Anklänge an das Märchen vom Rotkäppchen!

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen