Der Schäfer vom Findberge

Auf dem Findberge, zwischen Haibach und Gailbach, stand eine Burg, und darin wohnten zwei adelige Töchter, denen waren Vater und Mutter gestorben, und andere Verwandte hatten sie keine mehr. Nun begehrte ein benachbarter Ritter die ältere der Schwestern zur Frau, und als sie ihn abwies, warb er um die jüngere. Allein auch diese wollte von dem Ritter nichts wissen, über den das Gerede ging, dass er ein Wegelagerer sei und friedliche Leute überfalle und ausraube. Nun begann der Raubritter - das war er wirklich - die Geschwister zu verfolgen auf Schritt und Tritt, und sie waren nirgends mehr vor ihm sicher. Wer sollte die Einsamen schützen?

Da hauste nun im Innern des Berges geheimnisvollerweise ein Schäfer, der jedes Jahr, wenn der Frühling kam, seine Herde - nur weiße Lämmer - durch die Stollen im Gailbacher Tale austrieb und am Quellenbach trinken ließ. Als die beiden Jungfrauen den Schäfer wieder am Bergesgrund hervorkommen sahen, eilten sie hinter Bäumen und Gebüsch unbemerkt den Abhang hinunter und flehten um Hilfe. Was geschah hierauf? Nachdem der Hirte wieder eintrieb, hatte er zwei weiße Lämmer mehr in seiner Herde.

Quelle: Spessart-Sagen, Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 32.