Die schöne Vevi von Urfeld

Es ist noch keine Länge her, daß in Urfeld nur ein altes hölzernes Jägerhäusl und eine Schiffshütte an der Überfahrt standen. Dort war die Vevi daheim, eine bildsaubere, tugendsame Jungfrau, die oft selber den Wanderer im Einbaum über den See ruderte. Mit dem Ältesten vom Erbhof in der Jachenau, einem tüchtigen Burschen, war sie einig geworden für den Tag, wo sein Vater ihm den Hof übergeben würde.
Einmal wurde ein vornehmer Herr, der zur Jagd in die Berge am Walchensee gekommen war, von der schönen Vevi übergesetzt und entbrannte in Liebe zu ihr. Von da an kam er öfter und wollte sich heimlich mit ihr trauen lassen, obwohl er ein Herzogssohn war. Auf einem Pirschgang begegnete der junge Erbhofer den zweien. In wilder Eifersucht schoß er seine Braut und den Herzog nieder. Er selber ging in den See.

Quelle: Sagen aus dem Isarwinkel, Willibald Schmidt, Bad Tölz, 1936, 1979;