Die Teufelsbrücke über den Inn bei Gars

"Höllsakra!", fluchte der Teufel in der Hölle, "auf zum Seelenfang! Aber, wo soll ich jagen? - Ha, weiß schon! Im Altbayrischen werd' ich mich umtun. Die Mannerleut' dort saufen, raufen, sakramentieren, und die Weiberleut'... die Jungen öffnen den Burschen nächtens die Kammerfenster und die Alten richten die Leut' aus. Ich mein', da hab' ich Glück!"

Also begab sich der Gottseibeiuns mitten ins Altbayrische. Aus den Innklöstern Au und Gars drang Weihrauchgeruch in seine Nase. Pfui, der stank! Ihm grauste. Teufelflink eilte er flußaufwärts und gelangte in eine wilde Gegend. Da stand der Auwald so dicht, daß kaum ein Durchkommen war. Der Teufel rutschte auf seinem Schwanz die Innleiten hinab. Der Fluß schoß breit und schäumend durch die Schlucht. "Hüben Steilwand, drüben Steilwand!", seufzte der Böse. "Kein Anlauf ist möglich. In einem Satz komm' ich da nicht hinüber. Ich werd' mir eine Brücke bauen müssen." Und sogleich begann er damit. Die Eiszeit hatte im Auwald riesige Findelsteine versteckt, einen, zwei, drei, - einen ganzen Haufen. Der Teufel packte den größten und warf ihn klafterweit in den Inn hinein: der erste Pfeiler stand! Er schleppte einen zweiten Findling heran und schleuderte ihn mit solcher Wucht, daß er noch ein Mordsstück über den ersten hinaus flog. Als er ins Wasser schlug, war auch ein zweiter Pfeiler gesetzt! "Es langt", sagte der Teufel und setzte im Dreisprung über den Inn.

Etliche Wochen nach dem Brückenschlag des Geschwänzten kam von Wasserburg herab ein Kauffahrerschiff geschwommen. Nebel verhüllte die gefährlichen Felsen im Flußbett. Urplötzlich tauchte einer vor dem Schiffsbug auf und schon krachte es. Die große Plätte war zerborsten. Die Ware versank in den Fluten und die Ruderknechte ertranken in den Strudeln. Allein der Schiffsmeister konnte sich ans Ufer retten. Jetzt, viel zu spät, sah er die zwei wasserumtosten Felsen im Fluß. "Die waren doch früher nicht da! Da hat der Teufel eine Brücke bauen wollen!", schimpfte er vor sich hin.

Als der Schiffsmeister wieder daheim war, ließ er allen Innschiffern eine Botschaft zustellen. Darin stand geschrieben: "Schiffsleut', habt Acht! Zwischen Rieden und Gars hat der Teufel eine Brück gebaut. Hütet euch vor der Teufelsbruck!"

An der Stelle, wo damals der Teufel den Inn übersprungen hat, wurde in moderner Zeit ein Kraftwerk errichtet. Ein wenig oberhalb entstand ein Dörfchen. Die Leute nennen Dorf und Kraftwerk "Teufelsbruck".

Quelle: Einmayr Max, Inntaler Sagen, Sagen und Geschichten aus dem Inntal zwischen Kaisergebirge und Wasserburg, Oberaudorf 1988, S. 189