DER FÄHRMANN VON HAUNREUT

Als die Pest im Jahre 1521 die hiesige Gegend heimsuchte, brachte sie ein langer hagerer Mann, den der Fährmann bei Haunreit nächst Stammham in einer Zille - einem kleinen Schiffchen - übersetzte. Die dürre Figur war nach der Aussage des Schiffers mit einem rothen Mantel verhüllt, und hielt unter demselben einen schwarzen Rock verborgen; er hatte einen langen Sack, woran eine Ofengabel und gab ein entsetzliches Gestank von sich. Beim Aussteigen an das erreichte Ufer, fragte ihn der Schiffer um die Richtung seines Weges und verlangte die Bezahlung. "Er gehe nach Zeilarn und Tann", war seine Antwort, "und hole dort so viele Leichen, als Tage im Jahr sind"; ihm, dem Fährmanne aber schenkte er zur Belohnung aus seinem schwarzen Sacke eine Kugel, die er anhängen mußte, um sich von der Pest zu schützen.

Von diesem Tage an riß die Pest in Zeilarn ein, und es starben damals nach der Sage gerade 365 Personen in der Pfarrei Zeilarn und Umgebung von Tann. Auch vor der Pest 1649 erschien dieser langbeinige Mann wieder, man wollte ihn aller Orten gesehen haben, und wo er gesehen wurde, gabs einen sogenannten "Sterb".


Quelle: Dr. Baumgartner: Geschichte des Marktes Tann, Verhandlungen d. hist. Vereins v. Niederbayern, Bd. VI, S 181 ff. ohne Jahr (ca.1860)
Abschrift und Email-Zusendung von Mathias Pinzhoffer im März 2002