Kunigundes Handschuhe

Die Kaiserin Kunigunde ging einmal in den Dom, den sie mit ihrem hohen Gemahl gestiftet hatte, und war so in Gott versunken, dass sie nicht Acht hatte, wie sie allein war und keine ihrer Frauen ihr folgte. Als sie ihr Gebet beendet hatte, schritt sie gegen den Altar hin, ihre Gabe in den Opferstock zu legen. Sie streifte sich die Handschuhe ab und reichte sie nach ihrer Gewohnheit zurück, ohne sich umzusehen. Aber sie fielen nicht zu Boden; denn ein Sonnenstrahl war durch das hohe Fenster hinter dem Altar gebrochen und auf seinen Fittichen schwebten die Handschuhe der Kaiserin nach, wie von einer unsichtbaren Hand getragen. Voll heiliger Freude stand die hohe Frau, als sie sich wandte, vor dem Wunder; denn nun erkannte sie, dass Gott mit ihr war, da er seine Boten gesandt hatte, ihr zu dienen.

Quelle: Andreas Haupt, Die schönsten Bamberger Sagen und Legenden, Bamberg 1877, neu herausgegeben von Gerhard Krischker 2002, S. 76 - 77.