127. Der Schatz auf Waldegg.
Unter den Trümmern der ehemaligen Burg Waldegg im Illertal bei Steinbach
soll ein großer Schatz ruhen, der von dem letzten Besitzer aus dem
Geschlechte der Mangold in einer eisernen Truhe vergraben worden sei.
Zu Anfang unseres Jahrhunderts versuchte einmal ein Mann, der davon gehört
und die richtige Stelle erfahren hatte, den Schatz zu heben, und grub
eine halbe Nacht lang, bis er zur mitternächtlichen Stunde richtig
auf die Kiste stieß und sie bloßlegen wollte. Sobald aber
die Stunde schlug, erblickte er auf der Kiste einen schwarzen Vogel, der
so fürchterliche feurige Augen gegen ihn machte, daß der Mann
vor Schrecken wie gebannt dastand. Mit dem letzten Glockenschlag aber
erdröhnte ein dumpfes Rollen aus der Tiefe, der Vogel sträubte
die Federn und stieß einen fürchterlichen Schrei aus, und nun
versanken Kiste und Vogel in die Tiefe. Den Schatzgräber fand man
andern Tags an der Stelle halb gelähmt und der Sprache beraubt, und
es dauerte lange, bis er sich soweit erholte, um das Erlebnis erzählen
zu können. Seitdem hat es keiner mehr gewagt an die Hebung des Schatzes
zu gehen, der unter gewissen Beschwörungen vergraben worden war.
Quelle: Allgäuer
Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter
des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München
1914, Nr. 127, S. 131.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, März 2005.