198. Vom Memminger Mau.
Dieser war ehedem und ist jetzt noch zuweilen im Schwabenland und Allgäu
sprichwörtlich. Die betreffende Geschichte aber datiert noch aus
jener Zeit, wo die Memminger wohl noch eine etwas vertrakte und absonderliche
Ansicht vom nächtlichen Mondgestirn hatten, sei es, daß sie
der Meinung waren, der Mond sei ausschließlich nur eine Spezialität
des Memminger Himmels und nur ihnen zu eigen, oder daß er als Nachtleuchte
gar nur eine besondere Einrichtung ihrer Stadt wäre. So kam es denn,
daß jenes Memminger Weible höchlichst überrascht war,
als es einmal bei einem Besuche in Kempten des Abends den nämlichen
Mond am Himmel erblickte wie zu Hause und deshalb verwundert ausrief:
"Jesses, scheint der Memminger Mau z' Kempte au?" Seitdem ging
die Rede oft vom Memminger Mau; aber die Memminger machen sich nichts
mehr daraus, wie sie denn auch den Kemptenern nicht um ihre Meise und
den Ulmern nicht um ihren Spatzen neidig sind.
Quelle: Allgäuer
Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter
des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München
1914, Nr. 198, S. 201 - 202.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, März 2005.