53. Der Meckelebock bei Hennenschwang.

Oberhalb Hennenschwang gegen Seeg zu konnte man früher des Nachts oft in einem fort einen Bock meckern hören, der sich zuweilen auch blicken ließ, und den man allgemein nur mehr den "Meckelebock" nannte. Er war vorzugsweise darauf versessen die Leute in die Irre zu führen, indem ihnen oft allerlei Blendwerk erschien, wie Wasser oder Sumpf, und wenn man dann auszuweichen suchte, kam man vom Wege ab und mußte stundenlang umherirren. Einigen, die einmal den Bock sahen und auf ihn zugehen wollten, kam es plötzlich vor, als wateten sie bis an die Knie in einem Wasser, so daß sie umkehrten und dann sich fürchterlich "vergingen".

Einmal ritt ein Bursche von Hennenschwang des Nachts vom Doktor in Seeg heimwärts, und als er in die Gegend kam, fiel ihm der Meckelebock ein, von dem er schon soviel hatte erzählen hören, und dachte sich, wenn er jetzt doch nur auch einmal den Bock hören oder sehen könnte! Kaum hatte er aber den Gedanken recht gefaßt, so hörte er auch schon hinter sich lautes Gemecker, und das Roß fing an unruhig und furchtsam zu werden. Alsbald war es ihm, als sähe er einen Weiher vor sich. Das kam ihm, der doch den Weg und die Gegend genau kannte, sonderbar vor, und er sagte zu sich selbst: Da ist jetzt doch noch nie ein Weiher gewesen; reitest einmal fort, bis es "patschet"; kannst dann allweil noch umkehren. Er reitet fort und fort auf das Wasser zu, und doch kommt er nicht näher, und so erkannte er erst, daß das alles nur Blendwerk gewesen um ihn vom Weg abzulenken. Der Bock aber war immer weiter dahinten geblieben und verstummte nun. Wäre er aber dem Weiher ausgewichen, "so wäre er weiß kein Mensch wohin gekommen."

Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 53, S. 59 - 60.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, Februar 2005.