148. "Die Klage" in Füßen [Füssen].

Es war früher häufiger Volksglaube, daß bevorstehende Todesfälle durch allerlei Anzeichen vorausgekündet würden. In Füßen geschah dies gewöhnlich durch die "Klage", die darin bestand, daß zur mitternächtlichen Stunde ein Zug Klagefrauen mit großrandigen Filzhüten von schwarzer Farbe in großen, langen, weißen "Hülltüchern", deren Enden sie über den Rücken hängen hatten, über die Lechbrücke geschritten kamen und jammernd und weinend vor das Haus zogen, in dem ein Menschenleben auf die Neige ging. Nicht allen Leuten ward der schauerliche Zug sichtbar; wer aber hiezu die Eigenschaften hatte, konnte ihn gewöhnlich deutlich sehen und vernehmen, und schnell verbreitete sich dann zum Schrecken der Betroffenen die Kunde: Man hat die Klage gehört, es wird bald jemand in dem und dem Hause sterben.

Andere berichten, daß die Klage aus sechs Männern bestand, wovon vier einen Sarg trugen, während einer weinend und klagend vorausschritt und ebenso einer nachfolgte. Der Zug kam durch die Vorstadt hindurch und schritt zum Friedhof.

Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 148, S. 152 - 153.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, März 2005.