41. Der Kirchenschatz von Pfronten.
Beim "Großen Stein" unterhalb des Kienberges bei Pfronten
ruhte nach der Erzählung alter Leute ein großer Schatz. Als
nämlich im Schwedenkrieg die feindlichen Horden gegen Pfronten anrückten,
flüchtete man mit den kostbaren Kirchenparamenten und allen Kirchenschätzen
zu diesem Steine und vergrub sie hier. Als später die Pest ausbrach,
wurden alle, die bei der Sicherung der Kostbarkeiten mitgeholfen, vom
Tode dahingerafft, und so ging die Kenntnis des Ortes, wo der Schatz ruht,
verloren und blieb dieser ungehoben bis heutzutage. In der heiligen Christnacht
hat man da aber schon öfters eine Prozession um den Stein herumgehen
sehen, und auch an einem Fronleichnamstage erblickte ein Hirtenmädchen
einmal bei dem Steine vier weißgekleidete geistliche Herren, wie
sie um denselben feierlich den Umgang hielten. Seitdem sollen schon öfters
Leute versucht haben den Schatz zu heben; aber immer sei das vereitelt
worden. Einige hätten einmal in der Christnacht während des
Wandlungsläutens darnach gegraben; da habe sie aber plötzlich
ein solcher Schauer ergriffen, daß sie davonsprangen. Andere gruben
einmal und stießen wirklich auf eine große, schwere Truhe.
Da rief einer von ihnen: "Brüder, lupfet!" und sogleich
versank sie rollend in die Tiefe, und alle stoben auseinander vor Schrecken,
so daß davon einer dann lange krank darniederlag. Als wieder andere
einmal sich an die Hebung machten und auf die Truhe stießen, sei
ein kleines Hündlein gekommen und habe sie in die Waden gebissen,
und darob seien sie ebenfalls davongeflohen.
Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen,
Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt
von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 41, S. 50.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, Februar 2005.