25. Die Hexenversammlung bei Oberstdorf.

Außerhalb Oberstdorf gegen den Faltenbach zu stand vor Zeiten "einschicht" ein kleines Häuschen, das nun aber schon längst abgebrochen ist, so daß man jetzt kaum die Stelle mehr erkennt, wo es gestanden hatte. In diesem Häuschen ging es oft nicht mit rechten Dingen zu. Kamen da einmal zur Winterszeit des Morgens lang vor Betläuten einige Oberstdorfer Burschen, die zum "Heuzug" in den "Faltenbach" wollten, vorbei und sahen das Häuschen hell erleuchtet und vernahmen gar prächtige Musik aus demselben. Den Burschen kam das um solche Zeit unheimlich und verdächtig vor, und darum wollten sie nicht vorwitzig sein oder freveln und gingen ruhig ihres Weges weiter, bis auf einen unter ihnen, den die Neugierde zu sehr plagte, und der es darum nicht lassen konnte, in das Häuschen hineinzugehen, um zu erfahren, was denn da alles vorgehe. Da sah er allerlei Leute drinnen; die waren voller Lustbarkeit und tanzten und hüpften, und an einem Platze waren Musikanten, die aufspielten und gar wunderbare Musik machten, daß er sich zu ihnen hinstellte und nicht genug hören konnte. Da gab ihm sogleich einer eine Pfeife und forderte ihn zum Mitblasen auf, und als er sagte, er könne nicht Musik, so meinten die alle, er solle es nur einmal probieren, und nötigten ihn, bis er mittat. Siehe da, sein Pfeifchen stimmte gar trefflich zu der übrigen Musik und ging so überaus schön, daß er sich darob über die Maßen freute und in seiner Verwunderung ausrief: "Jesses, ischt dös Ding so schi!" Aber den Namen Jesus aussprechen, und alle Leute waren verschwunden, und das Häuschen stand wieder leer wie zuvor. In Händen aber hatte er einen Katzenschwanz; das war die vermeintliche Pfeife, auf der er geblasen hatte. Der Bursche ging darauf heim, und in drei Tagen war er eine Leiche.

Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 25, S. 33.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, Februar 2005.