Die Birg bei Baierbrunn

Bei Baierbrunn bei München stand einst eine Birg (Burg). In dieser wohnte ein Ritter namens Sachsenhäuser; er war der Sohn eines Tyrannen, welcher die Leute erschoß, wenn sie auf den Flößen die Isar herauffuhren. Die Birg wurde einst belagert, konnte aber nicht genommen werden, bis eine alte Frau von Baierbrunn, die Holz zum Sunnwendfeuer sammelte, den Belagerern den Rat gab das Wasser abzugraben. “Nehmt,“ sagte sie, „ein ganzes, unausgenommenes Roß, gebt ihm drei Tage kein Wasser, dann wird es die Quelle finden.“ Die Belagerer folgten diesem Rat; das Pferd scharrte und an dieser Stelle wurde die Wasserleitung der Birg abgegraben. Die Belagerten hatten kein Wasser und mußten sich ergeben.

Der besiegte Sachsenhäuser zog in das Kloster Schäftlarn, in welchem am Jahrestage Paulibekehr die Klosterherrn noch lange das Erinnerungsfest feierten. Vormittags war Gottesdienst in der Kirche. Sie ließen drei Banzen Bier für die armen Leute laufen und teilten Hefennudeln an sie aus.

Jenes Birgweibl erscheint noch öfter in schlichten Kleidern; sie ist klein, trägt einen Strohhut, einen Stock in der Hand und einen Korb. Ging sie von der Birg weg und begegnete ihr jemand, so fragte sie jedesmal, wo der Weg nach Baierbrunn geht; ging sie aber gegen die Birg, so fragte sie nach dem Wege nach Schäftlarn; allein sie kam nie nie ganz nach Beierbrunn und nie ganz nach Schäftlarn; denn sie ist in die Grenzen der Birg gebannt und kann über diese nicht hinaus. Um die Sunnenwend erscheint auf dem Schloßplatze oft das schwarze Pferd und das Birgweiblein mit dem Bündel Holz auf dem Rücken.

Quelle: Nach Schöppner.
Altbayerische Sagen, Ausgewählt vom Jugendschriften-Ausschuss des Bezirkslehrervereins München, München 1906.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Dezember 2013. 
© digitale Version: www.SAGEN.at .