Poppele neckt einen Müller

Zu einem Müller aus Radolfzell, welcher abends vom Möhringer Fruchtmarkt heimfuhr, kam unter der Burg Hohenkrähen ein schlechtgekleideter Wanderer und bat, ihn bis Singen mitzunehmen, was ihm auch bewilligt wurde. Kurz vor Singen mußte der Müller absteigen, wobei er mit Schrecken inne ward, daß der Geldgurt, den er um den Leib hatte, ganz leicht und leer geworden sei. Voll Verdacht blickte er auf den Wanderer, der neben ihm gesessen; aber der sagte ganz gleichgültig: "Ich habe das Geld nicht; geht einmal zurück, vielleicht findet Ihr es wieder." Da schaute der Müller sich um und sah beim Mondlicht vor sich auf dem Weg einen Taler liegen; unweit davon fand er einen zweiten und einige Schritte weiter einen dritten. Hierüber lachte der Wanderer laut auf, stieg vom Wagen und verließ den Müller. Nun merkte dieser, daß er es mit Poppele, dem Spukgeist von Hohenkrähen, zu tun habe; schnell stellte er sein Fuhrwerk in Singen ein und ging suchend auf der Landstraße eine Stunde weit zurück. Nach und nach fand er alle seine Taler, den letzten morgens um fünf Uhr an der Stelle, wo er den Poppele auf den Wagen genommen hatte.

Quelle: Bernhard Baader, Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Karlsruhe 1851, Nr. 5, S. 2 f.